DIGITALISIERUNG

Digitalisierung im Accounting:

Vom Zahlenexperten zum strategischen Treiber

Die Digitalisierung verändert das Rollenbild im Accounting und Controlling tiefgreifend. Erfahrene Fachkräfte gestalten die Transformation strategisch und treiben sie voran - doch die zunehmende Automatisierung bringt auch blinde Flecken mit sich.

Mit der Digitalisierung wandelt sich das Rollenbild im Accounting und Treuhandwesen fundamental. Die Aufgaben der Fachkräfte gehen zunehmend über das klassische Rechnungswesen hinaus und erfordern heute ein ganzheitliches Verständnis für Prozesse, IT und Datenanalyse. Einfach nur Buchhalterin oder Buchhalter zu sein und zu bleiben, reicht für die Zukunft nicht mehr. Mitarbeitende im Treuhandwesen und im Accounting müssen nicht nur die finanzielle Perspektive einnehmen, sondern auch in der Lage sein, ihre internen Kundinnen und Kunden strategisch zu beraten. Die Fähigkeit zur Datenanalyse und der Umgang mit digitalen Tools werden dabei zu entscheidenden Kompetenzen. Fachkräfte in diesen Bereichen entwickeln sich von operativen Expertinnen und Experten hin zu strategischen Beratenden, welche Führungskräfte unterstützen, Finanzdaten sinnvoll zu nutzen und diese zur Unternehmenssteuerung einzusetzen.

Zusätzliche Kompetenzen in der Datenanalyse und digitale Tools

Ein Grund für diese Veränderungen ist, dass die Ursachen für Datenfehler und -abweichungen vielfältiger geworden sind. Früher lag der Fehler oft im menschlichen Bereich, heute kann es auch an technischen oder systembedingten Aspekten liegen. Die Komplexität der Datenverarbeitung und die Anzahl möglicher Fehlerquellen sind gestiegen, was wiederum qualifizierte Mitarbeitende erfordert, um diese Dimensionen zu verstehen und effektive Lösungen finden zu können.

Die Fähigkeit zur Datenanalyse und der Umgang mit neuen digitalen Tools gehören zu den Schlüsselfaktoren für den Erfolg im Accounting und im Controlling. Die Kombination aus langjähriger Berufserfahrung und gutem IT-Verständnis macht erfahrene Mitarbeitende zu unverzichtbaren Stützen im Unternehmen. Nur so lässt sich die zunehmende Komplexität bewältigen und die Qualität der Arbeit in den Finanzabteilungen gewährleisten. Unsere wichtigste Aufgabe ist und bleibt es, sicherzustellen, dass wir ein funktionierendes Rechnungswesen haben.

Lebenslanges Lernen und kontinuierliches Upskilling

Die aktuelle Entwicklung und die digitalen Tools im Arbeitsalltag erfordern es, eine Lernkultur im Unternehmen zu etablieren. Diese kontinuierliche Weiterbildung sichert, dass Mitarbeitende aktuelle Technologien anwenden und die sich schnell entwickelnden Anforderungen der Branche erfüllen können.

Die Kombination aus langjähriger Berufserfahrung und gutem IT-Verständnis macht erfahrene Mitarbeitende zu unverzichtbaren Stützen im Unternehmen.

Trotz aller Fortschritte bleibt die menschliche Dimension in der Finanzkommunikation das Mass aller Dinge. Zahlen und Finanzdaten müssen nicht nur korrekt und vollständig vorliegen, sondern auch in den richtigen Kontext gesetzt sowie verständlich vermittelt werden. Diese Fähigkeit, Zahlen zu interpretieren und die entscheidenden Erkenntnisse zu extrahieren, wird durch die Digitalisierung unterstützt, bleibt jedoch ein Feld, in dem erfahrene Fachkräfte Maschinen (noch) überlegen sind.

Zwar ist die Maschine in der Mustererkennung oft schneller, doch ein Mensch mit jahrelanger Betriebszugehörigkeit bringt ein tiefes Verständnis für die zugrunde liegenden Ereignisse und die Softfaktoren hinter den Zahlen mit. Diese Erfahrungswerte und das Wissen um interne Zusammenhänge sind Bereiche, in denen der Mensch der Maschine (noch) überlegen ist.

Eine erfolgreiche unternehmensinterne Finanzberatung versteht es, Zahlen in Geschichten umzuwandeln. Durch Storytelling können komplexe Zahlen besser greifbar gemacht und für den Adressatenkreis relevant gemacht werden.

Fachkräftemangel und der Verlust von Unternehmens-Know-how

Der Fachkräftemangel gefährdet das wertvolle Wissen, das in den Finanzabteilungen aufgebaut wurde. Viele Unternehmen haben mit erhöhten Fluktuationen zu kämpfen, und die Wiederbesetzung offener Stellen dauert oft Monate. Dies stellt das langjährige Betriebs-Know-how auf eine harte Probe. Interimslösungen, wie der gezielte Einsatz pensionierter Teilzeitkräfte, werden vermehrt als Massnahme eingesetzt, um Wissen zu bewahren und die Belastung der Mitarbeitenden zu senken.

Das Personal darf nicht als selbstverständlich betrachtet werden, sondern ist der entscheidende Faktor für eine nachhaltige Transformation.

Unternehmen investieren daher zunehmend in Interimseinsätze und sind bereit, hierfür höhere Kosten zu tragen, um das Know-how der Abteilung und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu sichern. Diese Einsätze haben sich in der Praxis als effektive Lösung erwiesen, um kurzfristige Ressourcenengpässe zu überbrücken und die langfristige Stabilität zu gewährleisten.

Unternehmen müssen Strategien entwickeln, um das vorhandene Wissen der Mitarbeitenden zu bewahren und neue Talente zu fördern.

Fazit und Ausblick in die Zukunft

Der digitale Wandel erfordert eine nachhaltige Strategie und kontinuierliche Investitionen. Finanzabteilungen und Treuhandunternehmen müssen in IT-, Digitalisierungs- und Humankapital investieren und das vorhandene Wissen bewahren. Der Fokus sollte dabei auf dem bestehenden Personal liegen, das den Wandel aktiv mitgestalten kann. Eine wertschätzende Unternehmenskultur und die Möglichkeit zur kontinuierlichen Weiterbildung tragen dazu bei, Fachkräfte zu halten und den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen.

Für Stakeholder und Arbeitgeber stellt sich die Frage: «Sind wir bereit, Geld und Zeit zu investieren, obwohl der Return erst verzögert und schwer greifbar ist?» Dieser Trade-off ist entscheidend. Ohne Investition gibt es keinen langfristigen Return. Sowohl das Unternehmen als auch die Mitarbeitenden müssen bereit sein, in ihre Entwicklung zu investieren. Die Früchte dieser Investitionen werden erst nach und nach sichtbar, doch nur wer langfristig denkt und handelt, wird die Vorteile der digitalen Transformation voll ausschöpfen können. Eine erfolgreiche Transformation setzt voraus, dass nicht nur technologische, sondern auch personelle und kulturelle Voraussetzungen erfüllt sind.

Nicht alles, was mit KI glänzt, ist auch Gold

Viele Unternehmen setzen grosse Erwartungen in KI-Technologien, doch häufig fehlt es an konkreten Anwendungsfällen, die einen tatsächlichen Mehrwert schaffen. Die Einführung von Tools wie ChatGPT oder anderen KI-gestützten Anwendungen bedeutet nicht automatisch, dass Abläufe effizienter oder kostengünstiger werden. Entscheidend ist, dass Unternehmen gezielt jene Probleme identifizieren, bei denen der Einsatz von KI sinnvoll ist und Nutzen bringt. Nur durch die präzise Definition von Anwendungsfällen kann eine passende und wirkungsvolle Technologie ausgewählt und erfolgreich implementiert werden.

Es ist ratsam, neuen Technologien gegenüber offen zu bleiben und ausreichend Zeit für Tests und Experimente einzuplanen. Durch ein schrittweises Herangehen lassen sich neue Möglichkeiten erschliessen, und Unternehmen können sich optimal auf den digitalen Wandel vorbereiten. Ebenso wichtig ist es, den Mitarbeitenden Raum und Ressourcen für die Erprobung neuer Technologien zu geben und kontinuierliche Weiterbildung zu fördern. Dies schafft nicht nur ein innovatives Umfeld, sondern sorgt auch dafür, dass Unternehmen und ihre Teams im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig bleiben.

Proaktives versus reaktives Handeln in der digitalen Transformation

Der Wandel erfordert von Finanzabteilungen und Treuhandunternehmen, die Digitalisierung nicht nur zu akzeptieren, sondern aktiv zu gestalten. Das Personal darf nicht als selbstverständlich betrachtet werden, sondern ist der entscheidende Faktor für eine nachhaltige Transformation. Wenn wir uns proaktiv mit der Digitalisierung auseinandersetzen, können wir als Gestalter dieser Entwicklung auftreten, statt den Veränderungen nur passiv zu begegnen.

In einer Zeit, in der niemand genau sagen kann, wie die Arbeitswelt in einigen Jahren aussehen wird, ist eines klar: Die Veränderung ist unausweichlich. Technologie wird oft überschätzt, wenn sie neu ist, doch ihr langfristiger Einfluss auf die Unternehmenslandschaft wird häufig unterschätzt. Umso wichtiger ist es, das Personalmanagement aus einer funktionalen Risikoperspektive zu betrachten. Eine vorausschauende, mitgestaltende Rolle in dieser Transformation bedeutet, den Mitarbeitenden Orientierung und Perspektiven zu bieten - und sich zugleich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Das Commitment als Arbeitgeber

Für die Zukunft zählt, was ein Unternehmen seinen Mitarbeitenden bietet, damit sie auch langfristig motiviert bleiben und das Unternehmen aktiv mitgestalten. Flexible Weiterbildungsangebote, klare Entwicklungsperspektiven und eine Unternehmenskultur, die technologische Veränderungen als Chance versteht, sind dabei entscheidende Faktoren. Diese strategische Ausrichtung ermöglicht es, die besten Fachkräfte zu halten und weiterzuentwickeln sowie in einem umkämpften Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben.

Mitgestaltung als strategischer Vorteil

Proaktives Handeln bedeutet nicht nur, die digitale Transformation «auszuhalten», sondern sie selbst mitzugestalten. Dies ermöglicht es Finanzabteilungen und Treuhandunternehmen, aktiv die Richtung der Veränderungen zu prägen und so die eigenen Bedürfnisse und die der Mitarbeitenden langfristig zu sichern. Wer die Chancen frühzeitig erkennt und proaktiv handelt, verschafft sich den entscheidenden Vorteil in einer zunehmend dynamischen Zukunft.

Der erste Teil dieses Beitrags mit dem Titel «Digitalisierung im Accounting: Neuer Schwung oder weiteres Chaos» ist im Fachmagazin Standard 4/2024 erschienen. Verpasst?

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