NON-PROFIT-ORGANISATIONEN

Erfolgsfaktor strategisches Leitorgan

Das strategische Leitorgan – Vorstand oder Stiftungsrat, je nach Rechtsform – entscheidet massgeblich über den Erfolg einer Non-Profit-Organisation. Zu den Kernaufgaben zählen Oberleitung, strategische Planung, Festlegung Organisation, Verantwortung für die Finanzplanung und das Rechnungswesen, Aufsicht über die Geschäftsleitung sowie Erstellung des Geschäftsberichts und Vorbereitung der Mitgliederversammlung. Der Beitrag zum Organisationserfolg variiert; insbesondere in ausserordentlichen Lagen ist ein funktionierendes Gremium essenziell für den Organisationserfolg.

Das strategische Leitorgan einer Non-Profit-Organisation (NPO) ist je nach Rechtsform in der Regel ein Vorstand oder ein Stiftungsrat. Die Mitglieder nehmen ihre Funktion meist als (unbezahltes) Nebenamt wahr. Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des strategischen Leitorgans richten sich an Artikel 716 des Obligationenrechts (OR) und umfassen folgende Tätigkeiten:

  • Die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen. Dazu gehören insbesondere die strategische Planung und Positionierung der Organisation sowie das Festlegen von Leistungs- und Wirkungszielen.
  • Die Festlegung der Organisation, einschliesslich der Ernennung, Führung und Abberufung der mit der Geschäftsleitung betrauten Personen.
  • Die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft erforderlich sind.
  • Die Oberaufsicht über die Geschäftsleitung, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung von Gesetzen, Statuten, Reglementen und Weisungen.
  • Die Erstellung des Geschäftsberichts sowie die Vorbereitung der Mitgliederversammlung.

Dies sind die minimalen Tätigkeiten, die der Gesetzgeber vom strategischen Leitorgan erwartet.

Anteil am Organisationserfolg

Sowohl der Erfolg einer NPO als auch der Beitrag des strategischen Leitorgans dazu lassen sich grundsätzlich nur schwer messen. Gemäss Online-Befragungen und Experteninterviews (Berger, 2024) liegt dieser Beitrag im mittleren Bereich, zwischen 25 und 50 Prozent. Besonders in kritischen Phasen und Zeiten des Umbruchs ist das strategische Leitorgan gemäss Expertenmeinungen von zentraler Bedeutung. Häufig wird der Vorstand oder Stiftungsrat als «Schönwettergremium» bezeichnet – aber gerade in herausfordernden Zeiten zeigt sich, ob er tatsächlich handlungsfähig und wirksam ist.

Folgende Erfolgsfaktoren sind für die effektive und erfolgreiche Arbeit im Gremium im Hinblick auf den Organisationszweck massgeblich:

Strategische Planung und gemeinsame Vision

Erfolgreiche strategische Leitorgane planen die langfristige Ausrichtung und Aktivitäten der Organisation. Sie machen sich fundierte Gedanken, welche Dienstleistungen in welchen Bereichen zukunftsträchtig sind und richten ihr Handeln konsequent danach aus. Grundlage ist eine in den Werten der NPO verankerte und von der grossen Mehrheit getragene Vision.

Zweckmässige Formalisierung

Eine hinreichende Formalisierung der Organisation – ohne Hang zur Bürokratie – ermöglicht eine effiziente Arbeitsweise. Wenn Strategie, Ziele, Ressortbeschreibungen, Pflichtenhefte und Anforderungsprofile für die Ehrenamtlichen sowie Kompetenzordnungen schriftlich festgehalten sind, sind Aufgaben, Rollen und Schwerpunkte in der Regel geklärt. Das reduziert unnötige Reibungsverluste.

Arbeits- und Gewaltenteilung

Aufgrund der begrenzten zeitlichen Ressourcen Ehrenamtlicher ist eine Fokussierung auf die strategischen Aufgaben sinnvoll. Dazu zählen Oberleitung und das Fällen weg- und richtungsweisender Entscheidungen. Eine klare Ressortzuteilung im Vorstand oder Stiftungsrat steigert Effizienz und Effektivität. Für das Tagesgeschäft ist die Geschäftsstelle zuständig, direkte Eingriffe ins operative Geschäft sollten daher nur in begründeten Ausnahme- und Notfällen erfolgen.

Identifikation mit dem Organisationszweck

Mitglieder von Vorständen und Stiftungsräten brauchen ein Herz für die Werte und den Zweck der Organisation. Sie sollten ein echtes Interesse an der NPO haben und ein solides Commitment für die Sache aufbringen. Reine Beisitzer, die aus partikulären Eigeninteressen im Gremium sind, bringen die Organisation in der Regel nicht weiter. Anders gesagt am Beispiel: Wer im SAC-Vorstand ist, sollte ein wenig «nach Wolldecke riechen».

Fachkompetenz und zeitliche Verfügbarkeit

Die Aufgaben in Vorständen und Stiftungsräten werden anspruchsvoller und komplexer. Das reine Laiengremium ist eher ein Auslaufmodell. Um den Ansprüchen gerecht zu werden, braucht es ausreichende Fach- und Sozialkompetenz sowie genügend Zeitressourcen. Gerade in föderalen Verbänden stellen sich oft Fragen nach der (geografischen) Repräsentativität. Eine minimale Berücksichtigung ist sicherlich zweckmässig, diese sollte jedoch nicht zulasten der Fachkompetenz gehen.

Sitzungsdisziplin – gutes Sitzungsmanagement

Ein etwas überspitzt formulierter Grundsatz lautet: «Die beste Sitzung ist diejenige, die nicht stattfindet.» Folglich sollten Sitzungen möglichst kurz und knapp sein. Eine transparente Agenda mit Entscheidungstraktanden, klare und vollständig formulierte Anträge, die frühzeitig an alle versendet werden, gute individuelle Vorbereitung sowie eine straffe und dennoch integrierende Sitzungsleitung sind entscheidend. Seitengespräche und Geselliges sollten ebenfalls ihren Platz haben, beispielsweise in Pausen oder beim gemeinsamen Essen im Anschluss.

Moderate Aufgabenkonflikte – geringe Beziehungskonflikte

Es liegt auf der Hand, dass Ehrenamtliche ihre Freizeit möglichst ohne grosse Reibungsverluste gestalten möchten. Die Forschung zeigt jedoch: Ein moderater Aufgabenkonflikt ist gesund für eine Organisation, da unterschiedliche Standpunkte diskutiert und möglichst alle Chancen und Risiken abgewogen werden. Übertriebene Harmoniesucht ist ebenso hinderlich wie ein zu starker Beziehungskonflikt. Es braucht daher eine gesunde Diskussions- oder gar konstruktive Streitkultur sowie Mitglieder im Gremium, die Sach- und Beziehungsebene klar trennen können.

Ausgewogenheit und ausreichende Diversität im Gremium

Für die Effektivität des Gremiums ist eine ausreichende Diversität der Mitglieder zu empfehlen. Vorstände oder Stiftungsräte, deren Mitglieder fast alle aus demselben Netzwerk stammen, denselben privaten oder beruflichen Hintergrund haben, der gleichen Partei angehören oder geschäftlich verflochten sind, blenden oft wichtige Aspekte in den Diskussionen und Entscheidungsfindungen aus. Sie agieren «strategisch kurzsichtig» und fördern das Etablieren von Tabuthemen. Alters-, Herkunfts-, Berufs- und Geschlechtervielfalt sind zentrale Erfolgsfaktoren für umsichtiges Handeln und eine unabhängige Entscheidungsfindung.

Keine ständigen Interessenkonflikte, kein Self-Dealing

Eine NPO ist besitzerlos. Sie gehört weder dem Vorstand noch dem Stiftungsrat oder anderen Bezugsgruppen, sie gehört sich selbst. Der Organisationszweck bedarf daher eines besonderen Schutzes, damit ihn Mitglieder nicht aus partikulären Interessen zu ihrem Eigennutz umdeuten. Ständige Interessenkonflikte sind zu vermeiden, klare Ausstandsregeln festzulegen, und Insichgeschäfte (Self-Dealing), also Geschäfte zwischen der NPO und den Mitgliedern des strategischen Leitorgans, sind weitestgehend zu vermeiden.

Primus inter pares – keine Sonderrechte für das Präsidium

Das Präsidium hat per se keine Vorrechte, sondern hat lediglich den Vorsitz über das Gremium inne. Die Rolle ist primär koordinierend, integrierend und auf Ausgewogenheit bedacht. Präsidien, die Entscheidungen im Alleingang treffen oder Sitzungen dominieren, mögen kurzfristig oder in ausserordentlichen Situationen zweckmässig sein, schaden der Organisation jedoch langfristig. Eine starke Teamleistung ist wichtiger als eine starke Einzelperson.

Vorsicht bei Politikerinnen und Politikern sowie ex-officio-Mitgliedern

Politikerinnen, Politiker und ex-officio-Mitglieder werden in der Praxis oft kritisch beurteilt. Häufig besteht ein latenter Interessenkonflikt zwischen persönlicher Agenda und Organisationsinteressen. Für das Präsidium sind solche Personen eher nicht geeignet. Es ist ratsam, die Mehrheit der Vorstandsmitglieder aus unabhängigen Kräften zu stellen.

Kontinuierliche Erneuerung des Gremiums

Wer rastet, der rostet. Dies gilt auch für die Gremienarbeit, die sehr anspruchsvoll und intensiv sein kann. Es braucht deshalb regelmässig neue Personen mit frischen Ideen. Eine kontinuierliche Erneuerung von Vorstand und Stiftungsrat ist notwendig, um den Fortbestand der Organisation zu sichern. Auch wenn es manchen Personen mitunter schwerfällt: Niemand ist unersetzlich. Amtszeit- oder Altersbeschränkungen beugen «Sesselkleberei» vor und fördern sachliche Nachfolgediskussionen. Für eine wirksame Nachfolgeplanung braucht es Klarheit darüber, nach welchen Kriterien gesucht und ausgewählt wird. Ein präzise formuliertes Pflichtenheft ist dabei von zentraler Bedeutung. Eine Ämtervererbung kommt zwar vereinzelt vor, wird jedoch mehrheitlich als Form der Vetternwirtschaft abgelehnt. Im Zentrum steht die Bestenauslese: Die Mitglieder des strategischen Leitorgans sollten bestimmte objektive Mindestanforderungen erfüllen, um ihre Rolle effektiv ausüben zu können.

Fazit

Der Vorstand oder Stiftungsrat ist ein zentraler strategischer Erfolgsfaktor. Er übernimmt sowohl interne Aufgaben als auch die Vertretung der Organisation nach aussen. Während seine Rolle in ruhigen Phasen oft weniger sichtbar ist, kommt ihm in turbulenten Zeiten des Umbruchs umso grössere Bedeutung zu.

Damit das Gremium wirkungsvoll agieren kann, muss es vorausschauend, strukturiert und entlang einer langfristigen Vision sowie eines klaren Wertekompasses handeln – mit dem Ziel, die richtigen Prioritäten für die Zukunft zu setzen. Dafür braucht es qualifizierte Mitglieder mit Fach- und Sozialkompetenz, die idealerweise auch die Struktur der Mitglieder oder Stakeholder widerspiegeln. Ein grundlegendes Engagement und eine spürbare Leidenschaft für die Sache sind dabei unverzichtbar.

Das Gremium sollte möglichst pluralistisch und mit unabhängigen Vertreterinnen und Vertretern besetzt sein. Die Nachfolge sollte anhand klar definierter Anforderungsprofile und in einem transparenten Auswahlverfahren erfolgen. Ausscheidende Mitglieder sollten dabei keinen Einfluss mehr auf die Nachfolge nehmen. Im Sinne einer nachhaltigen Personalpolitik ist das Einsetzen eines ständigen Nominations- oder Nachfolgeausschusses innerhalb der NPO empfehlenswert.

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