DIGITALISIERUNG
Wie fit sind Finanzabteilungen wirklich?
Nach dem erfolgreichen Selfassessment zur individuellen digitalen Kompetenz hat SwissAccounting ein weiteres Assessment durchgeführt – diesmal mit Fokus auf die digitale Fitness ganzer Finanzabteilungen. Der folgende Beitrag zeigt, wo diese heute stehen und welche Hebel für den nächsten Entwicklungsschritt entscheidend sind.
Digitale Transformation ist mehr als die Summe individueller Fähigkeiten: Entscheidend sind die Strukturen, Prozesse und Systeme der gesamten Organisation. Moderne Finanzabteilungen agieren längst als datengetriebene Netzwerke, in denen Technologie, Automatisierung und Governance den Takt vorgeben. Das Fazit: Der Fortschritt ist sichtbar, doch der Weg zur digitalen Exzellenz bleibt anspruchsvoll.
Abbildung 1: Ergebnisse der Selbstevaluation von 119 Teilnehmenden per Ende Oktober 2025.
1. Datenkultur und -affinität
54% der Finanzabteilungen sehen sich selbst als teilweise datenorientiert: Sie nutzen Analysen und vertiefen diese, wenn Ergebnisse dem Bauchgefühl widersprechen. Ein Drittel hingegen verlässt sich fast ausschliesslich auf Intuition. Nur 15% arbeiten konsequent datengetrieben und betrachten Probleme aus mehreren Datenperspektiven. Bei Herausforderungen ist Unterstützung meist verfügbar (48%), aber exzellente Beratung bleibt selten. Weiterbildung wird zwar gefördert, aber nur bei 12% aktiv eingefordert – hier fehlt oft der strategische Impuls. Die Zahlen zeigen: Daten sind im Alltag zwar angekommen, doch nur ein Teil der Unternehmen nutzt sie konsequent als Entscheidungsgrundlage. Intuition hat weiterhin ihren Platz – aber eine datengetriebene Zweitmeinung kann helfen, Entscheidungen abzusichern und neue Perspektiven zu eröffnen. Es lohnt sich, die Datenkompetenz im Team gezielt weiterzuentwickeln und Fakten als wertvolle Ergänzung zur Erfahrung zu nutzen.
2. Automatisierungsgrad der Prozesse
Excel Power Query/Pivot ist mit 68% relativ weit verbreitet, klassische VBA-Makros nutzen 37%. Moderne Automatisierungsplattformen wie Power Automate oder KI-Agenten sind erst bei 19% im Einsatz, Business Intelligence Plattformen immerhin fast bei mehr als jeder vierten Finanzabteilung. Jeder fünfte CFO-Bereich arbeitet hingegen komplett ohne Automatisierungstools. Rechnungsprozesse sind meist teilweise automatisiert (60%), aber nur 11% sind wirklich durchgängig digital. Besonders auffällig: Bei jedem zweiten Unternehmen werden bereits über 40% aller Buchungen automatisiert oder über Schnittstellen verarbeitet, 12% erreichen sogar eine Quote von 95% bis 100%. Bei neuen Prozessen steht Automatisierung oft im Fokus (50%), aber nur 22% denken von Anfang an konsequent digital. Die Zahlen zeigen: Automatisierung ist zwar angekommen, aber der Wandel zu wirklich durchgängig digitalen Prozessen ist noch nicht abgeschlossen.
3. Künstliche Intelligenz
KI ist das Feld mit dem niedrigsten Score – LLMs und Machine Learning sind für viele noch Neuland. Zwei Drittel nutzen KI-Assistenten wie ChatGPT oder Copilot, KI-Plattformen und eigene Machine Learning-Projekte sind aber selten (jeweils rund 10%). Die meisten Abteilungen experimentieren noch oder stehen am Anfang (47%), nur 18% nutzen produktive KI-Anwendungen, und echte Pioniere sind die Ausnahme (2%). Analysen bleiben meist vergangenheitsbezogen, der Einsatz von Predictive Analytics ist mit 7% selten anzutreffen. Die Förderung von KI-Weiterbildung wird bei 57% der Organisation mit «bescheiden bis nicht vorhanden» angegeben, nur 13% erleben starke Förderung. Die Offenheit für KI ist da, aber die Integration in den Alltag hinkt deutlich hinterher.
4. Technologie und Infrastruktur
Bemerkenswert ist, dass Technologie und Infrastruktur im Assessment den höchsten Gesamtscore aller Kategorien erzielen – diese Voraussetzungen für Digitalisierung sind also vielerorts vorhanden. Aus Sicht der Teilnehmenden wird auch bei den Investitionen nicht gespart: Rund 60% empfinden die Ausgaben für Digitalisierung als ausgewogen bis grosszügig. Dennoch zeigt der Blick auf die Details, dass die Potenziale noch nicht voll ausgeschöpft werden: Nur etwa ein Viertel aller Finanzabteilungen zählt zu den Glücklichen, die über gut funktionierende Schnittstellen oder eine zentrale Datenplattform verfügen; drei Viertel haben hier noch Arbeit vor sich. Zwei Drittel aller Befragten können zudem von zu Hause aus genauso auf die Infrastruktur zugreifen wie im Büro. Und trotz aller Möglichkeiten und Investitionen erfolgen Controlling-Auswertungen bei rund 60% mehrheitlich oder ausschliesslich mit Excel. Vielleicht ist das in einer sich schnell verändernden Welt auch ein Zeichen dafür, dass maximale Flexibilität weiterhin gefragt ist – dennoch bleibt der konkrete Nutzen moderner Plattformen vielerorts hinter den Möglichkeiten zurück.
5. Datenmanagement und Security
Fast ein Drittel der Finanzabteilungen verfügt über eine klare, übergreifende Datenstrategie – ein wichtiger Schritt in Richtung professionelles Datenmanagement. IT-Sicherheitsrichtlinien sind bei 68% etabliert, doch ein umfassendes Masterdatenmanagement fehlt oft. Fast jede fünfte Abteilung lebt keines der genannten Elemente. Regulatorische Änderungen werden meist nur kurz geschult (39%), und 12% bekommen davon kaum etwas mit. Governance-Schulungen sind selten Routine: Ein Viertel wird nie geschult, ein weiteres Viertel immerhin jährlich. Nur 20% der Finanzabteilungen haben alle Stammdaten zentral an einem Ort abgelegt. Bei weiteren 45% sind zumindest die wichtigsten Daten zentral verfügbar, was aus einer praktischen Sicht vermutlich mehrheitlich reichen dürfte. Aber 13% haben mit widersprüchlichen Informationen in verschiedenen Systemen richtiggehend zu kämpfen. Die Zahlen zeigen: Während die Basics stimmen, fehlt es oft an strategischer Steuerung und nachhaltiger Governance. Hier besteht akuter Handlungsbedarf.
Fazit
Die digitale Transformation ist im Finanzwesen spürbar, doch der Fortschritt bleibt uneinheitlich. Besonders auffällig: Die technische Basis ist vielerorts solide und erzielt im Assessment den höchsten Score – die Voraussetzungen für die Digitalisierung sind also vorhanden. Dennoch wird dieses Potenzial noch zu selten in konkrete Innovationen und spürbare Verbesserungen umgesetzt. Datenbasierte Entscheidungen und Automatisierung sind etabliert, KI und moderne Plattformen werden zunehmend genutzt. Doch Lücken bei Weiterbildung, Governance und Integration neuer Technologien bremsen den Wandel. Die Herausforderung besteht darin, vorhandene Ressourcen und Kompetenzen gezielt zu aktivieren und in nachhaltigen Fortschritt zu verwandeln. Wer jetzt die Brücke zwischen Infrastruktur und Umsetzung schlägt, kann die digitale Fitness seiner Finanzabteilung entscheidend voranbringen.
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