RECHT
Aktuelle und interessante Gerichtsurteile
Strafrecht
Banque Pictet et Cie SA und einer ihrer ehemaligen Vermögensverwalter per Strafbefehl verurteilt
Die Bundesanwaltschaft verurteilte einen ehemaligen Vermögensverwalter der Banque Pictet et Cie SA (Banque Pictet) per Strafbefehl wegen schwerer Geldwäscherei zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Die Banque Pictet wurde zu einer Busse von CHF 2 Millionen verurteilt, weil sie nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen getroffen hatte, um eine solche Straftat zu verhindern. Die Strafuntersuchung ergab, dass zwischen Juni 2010 und Mai 2013 Gelder von Bestechungszahlungen in der Höhe von insgesamt über USD 4.1 Millionen vom Konto eines brasilianischen Amtsträgers bei der Banque Pictet aus verschoben worden waren, um ihre kriminelle Herkunft zu verschleiern.
(Medienmitteilung des Bundesrats vom 17.06.2025)
Staatshaftung
Klage gegen Eidgenossenschaft abgewiesen
Das Bundesgericht weist an der Hauptverhandlung vom 23. Mai 2025 die Klage eines Ehepaars gegen die Eidgenossenschaft ab, welches beim Erwerb und Verkauf von Aktien der Credit Suisse im März 2023 einen Verlust erlitten hat. Das Ehepaar kaufte am 10., 13. und 15. März 2023 insgesamt 38000 Aktien der Credit Suisse. Nachdem die Credit Suisse von der UBS im Rahmen einer Notfusion am 19. März 2023 übernommen worden war, verkaufte das Ehepaar die Aktien am 20. März 2023 mit Verlust. Die Eheleute gelangten gleichentags an den Bundesrat und verlangten die Entschädigung des erlittenen Wertverlustes. Sie argumentierten im Wesentlichen, dass sie den Aktienkauf ohne die positiven Aussagen des Bundesrates vom Dezember 2022 und vom März 2023 zur finanziellen Lage der Credit Suisse nicht getätigt hätten. Der Bundesrat lehnte das Haftungsbegehren im Juni 2023 ab. Das Ehepaar reichte daraufhin beim Bundesgericht eine Staatshaftungsklage gegen die Eidgenossenschaft über 54600 Franken ein. Am Freitag 23. Mai 2025 fand in Lausanne die öffentliche Hauptverhandlung statt. Nachdem die Parteien das Wort zur Begründung ihrer Anträge erhalten hatten (Plädoyers), zog sich das Bundesgericht zur Beratung zurück. Es verkündete anschliessend mündlich das Urteil, indem es die Klage abwies. Die schriftliche Begründung des Urteils folgt zu einem späteren Zeitpunkt.
(BGer-Urteil 2E_1/202423.05.2025)
Öffentliches Recht
Ukraine: Vom Bundesrat verfügte Kontensperren bleiben bestehen
Das Bundesgericht weist drei Beschwerden gegen die vom Bundesrat 2022 und 2023 verfügte Sperrung von Bankkonten ab, an denen Personen aus dem politischen Umfeld des früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Yanukovich wirtschaftlich berechtigt sind. Nach der Absetzung von Präsident Viktor Yanukovich 2014 stellte die Ukraine Rechtshilfegesuche an die Schweiz bezüglich Personen aus Yanukovichs Umfeld, die verdächtigt werden, sich illegal bereichert oder Bestechungsgelder angenommen zu haben. Das Bundesamt für Justiz liess daraufhin verschiedene Bankkonten sperren. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 galt es als unwahrscheinlich, dass die Vermögenswerte via Rechtshilfe eingezogen werden könnten, weshalb der Bundesrat deren Sperrung auf Grundlage des Bundesgesetzes über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Persone (SRVG) anordnete, um einen Abzug zu verhindern. 2024 wiesen Bundesverwaltungsgericht und Bundesgericht Beschwerden gegen die Kontensperren ab und bestätigten, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Sperrung erfüllt sind. Ob die Vermögenswerte tatsächlich illegaler Herkunft sind, wird erst im späteren Einziehungsverfahren geklärt.
(BGer-Urteile 1C_435/2024, 1C_604/2024 und 1C_610/2024)
Öffentliches Recht
Wohnungskontrolle zur Abklärung einer möglichen Scheinpartnerschaft
Das Bundesgericht weist die Beschwerde eines Paares ab, welche dieses gegen den Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts im Zusammenhang mit einer vom Zürcher Migrationsamt angeordneten Wohnungskontrolle erhoben hat. Aufgrund der Umstände im konkreten Fall stellt die durchgeführte Wohnungskontrolle keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung der Wohnung und der Privatsphäre der Beschwerdeführer dar. Die Kontrolle fand nicht zur Nachtzeit statt, wurde in Anwesenheit der Betroffenen durchgeführt und aus den Akten ergeben sich keinerlei Hinweise, dass sie sich der Kontrolle widersetzt hätten oder dass diese zwangsweise durchgeführt worden wäre. Die konkret zu beurteilende Wohnungskontrolle beruht sodann auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage: Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) sieht eine Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des Sachverhalts vor (Artikel 90 AIG) und das Zürcher Recht die Möglichkeit eines Augenscheins (Wohnungskontrolle), wobei die Parteien mitwirken müssen, wenn sie aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung zur Auskunftserteilung oder Mitteilung verpflichtet sind; das ist vorliegend aufgrund des AIG der Fall. Schliesslich kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die Anordnung zur Vornahme der Wohnungskontrolle unter Berücksichtigung der Umstände des Zusammenzugs des Paares in Zürich und der zuvor im Kanton Bern verweigerten Bewilligungserteilung eine verhältnismässige Massnahme dargestellt hat.
(BGer-Urteil 2C_9/202410.06.2025)
Öffentliches Recht
Betrieb ist nicht verfassungskonform
Die Eidg. Spielbankenkommission ESBK hatte im Jahr 2020 eine Verwaltungs-sanktion gegen die Grand Casino Baden AG (GCB) verfügt, nachdem sie bei deren Online-Spielangebot mehrere Verstösse gegen das Geldspielgesetz festgestellt hatte. Die GCB zog den Entscheid bis ans Bundesgericht, welches die Beschwerde in allen wesentlichen Punkten abwies und die Sanktion in der Höhe von 1,8 Millionen Franken bestätigte. Die GCB hatte bei ihrer Online-Spieleplattform zentrale gesetzliche Pflichten verletzt, beispielsweise hinsichtlich den zu treffenden Sozialschutzmassnahmen, den Vorgaben bezüglich Verhinderung der Geldwäscherei oder der Einhaltung des Werbeverbots. Spielende mit Anzeichen problematischen Spielverhaltens wurden nicht ausreichend abgeklärt und nicht rechtzeitig gesperrt. Zudem erhielten gesperrte Personen Werbung für das Online-Spielangebot, obwohl dies nach Geldspielgesetz ausdrücklich verboten ist. Mit diesem Entscheid erhält die ESBK in ihrem aufsichtsrechtlichen Vorgehen in allen Punkten recht.
(BGer-Urteil 2C_175/202430.04.2025)
Öffentliches Recht
Forderung von Ersatz für Erwerbsausfall durch Organspender
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde eines Organspenders teilweise gut, der vom obligatorischen Krankenpflegeversicherer (Krankenkasse) der Organempfängerin Ersatz von Erwerbsausfall rund 10 Jahre nach erfolgter Nierentransplantation fordert. Das Bundesverwaltungsgericht muss prüfen, ob gestützt auf das Transplantationsgesetz ein Anspruch auf Ersatz des von ihm geltend gemachten Erwerbsausfalls besteht. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass als rechtliche Grundlage für eine solche Forderung des betroffenen Organspenders einzig Artikel 14 Absatz 2 litera b des Transplantationsgesetzes in Betracht kommt. Ein auf diese Bestimmung gestützter Anspruch gehört zum Gesundheitsrecht des Bundes. Für dessen Überprüfung war im vorliegenden Fall somit nicht das Thurgauer Verwaltungsgericht (als Sozialversicherungsgericht) zuständig. Vielmehr muss eine Beschwerde betreffend eines solchen Anspruchs an das Bundesverwaltungsgericht erfolgen.
(BGer-Urteil 9C_121/202423.06.2025)
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