SOZIALVERSICHERUNGEN

Pensionskasseneinkäufe - alles andere als «nur» Steuern optimieren

Liest man in diesen Tagen die Artikel in Tageszeitungen, entsteht der Eindruck, dass Gutverdienende fast schon systematisch und risikofrei Pensionskasseneinkäufe nutzen, um ihre Steuern zu optimieren. Jedoch ist das Thema deutlich vielschichtiger und komplexer.

 

Kurz vor Weihnachten 2024 wurde ein Fall publik, wo Pensionskasseneinkäufe in Höhe von CHF 750000, welche eine Frau vor ihrem Tod gemacht hatte, nicht den Angehörigen zuflossen, sondern aus Sicht der Hinterbliebenen «verloren» waren. Anhand dieses Falles soll der nachfolgende Artikel das oft unterschätzte Thema der sogenannten «Rückgewähr» etwas genauer beleuchten.

Der Sachverhalt

Gemäss NZZ vom 19.12.2024 hatte eine ehemalige Angestellte des Pharmakonzerns Johnson & Johnson Schweiz in den Jahren vor ihrem Tod in vier Etappen CHF 750000 in ihre zweite Säule eingezahlt. Im März 2023 verstarb die Versicherte im Alter von 43 Jahren. Nach ihrem Tod stellte sich die Frage nach der Behandlung dieser Einkäufe, konkret ob diese zusätzlich zu den Renten an die Hinterbliebenen ausbezahlt werden. Im vorliegenden Fall stellt sich die Pensionskasse auf den Standpunkt, dass der freiwillige Einkauf von CHF 750000 nicht an den Ehemann zurückbezahlt werden muss. Zwar ist der Fall noch an den Gerichten hängig, jedoch ist die damit zusammenhängende Problematik bei geplanten Einkäufen unbedingt zu beachten.

Der Trugschluss

Eines der grundlegenden Missverständnisse scheint, dass Versicherte oft der Meinung sind, dass sie bei den Pensionskassen per se Anspruch hätten auf «ihr Geld».

Fachleute und Pensionskassenmitarbeitende sind immer mal wieder mit Fragestellungen in diesem Bereich konfrontiert. Eines der grundlegenden Missverständnisse scheint, dass Versicherte oft der Meinung sind, dass sie bei den Pensionskassen per se Anspruch hätten auf «ihr Geld». Dies kann, gerade im Leistungsprimat, so sein, ist aber nicht unbedingt der Normalfall. Pensionskassen sind letztendlich Sozialversicherungen, deren Aufgabe es ist, die Risiken Alter, Tod und Invalidität abzusichern und entsprechend diesen Fällen die Leistungen gemäss Gesetz und Reglementen zu erbringen. Die Leistungen können höher oder tiefer sein als das angesparte Guthaben.

Eine mögliche Lösung: Rückgewähr

Im erwähnten Fall war die Sachlage insofern speziell, als die Versicherte bereits IV-Rentnerin war, als sie verstarb. Allerdings kann es auch ohne solche Umstände sein, dass Pensionskassen vorhandene Altersguthaben und sogar freiwillige Einkäufe dazu verwenden, «im Fall der Fälle» Versicherungsleistungen auszurichten, welche sowieso bezahlt werden müssen. Die Gelder werden also in z. B. Witwen- oder Waisenrenten umgewandelt.

Viele Pensionskassen ermöglichen es angeschlossenen Unternehmen, diese Problematik zu entschärfen. Das gängige Mittel ist hierfür typischerweise die Auszahlung eines zusätzlichen Todesfallkapitals in Höhe der freiwilligen Einkäufe oder gar des ganzen vorhandenen Altersguthabens. Wenn sichergestellt wird, dass die vorhandenen Gelder (oder zumindest die freiwillig getätigten Einkäufe) zusätzlich zu allfälligen Renten an die Hinterbliebenen ausbezahlt werden, spricht man von «Rückgewähr».

Besteht eine Rückgewähr der Einkäufe, so sind zwei Modelle üblich. Das eine Modell gewährt die Rückgewähr auf sämtlichen getätigten Einkäufen, welche die versicherte Person jemals geleistet hat (also auch in früheren Pensionskassen). Das andere Modell sieht die Rückgewähr der Einkäufe nur bei der aktuellen Pensionskasse vor. Dies kann einem insbesondere dann «auf dem falschen Fuss erwischen», wenn man die Arbeitgeberin wechselt, nachdem man bei der Pensionskasse der vorherigen Arbeitgeberin Pensionskasseneinkäufe getätigt hatte. Nimmt die neue Pensionskasse die Freizügigkeitsgelder gesamthaft als Eintrittsleistung entgegen (ohne gesonderte Betrachtung der Einkäufe) kann es sogar passieren, dass selbst bei einer Rückgewähr auf freiwillige Einkäufe, diese durch den Pensionskassenwechsel den Charakter als solche verlieren und nicht mehr als zusätzliches Todesfallkapital ausgerichtet werden.

Bei freiwilligen Einkäufen ist die Rückgewähr recht verbreitet und, obwohl normalerweise mit einer leichten Erhöhung der Risikoprämie verbunden, bei vielen Anschlüssen zu sehen. Bei den vorhandenen Altersguthaben sind Vorsorgeeinrichtungen aber mehrheitlich im System der «Anrechenbarkeit» unterwegs. Das heisst, ein allfälliges Todesfallkapital entspricht dem Altersguthaben im Zeitpunkt des Todes, abzüglich dem Barwert allfälliger Hinterlassenenleistungen.

Versicherte sollten vor einem allfälligen Einkauf die Reglemente prüfen und sich bewusst machen, was mit einem Pensionskasseneinkauf passiert, wenn sie z.B. versterben.

Der Fall der Versicherten bei Johnson & Johnson zeigt, dass der Aspekt der Rückgewähr unbedingt beachtet werden soll. Natürlich rechnen alle Versicherten damit, dass sie dereinst eine Altersleistung beziehen werden und Einkäufe ihnen wieder zugutekommen; dies ist aber tragischerweise nicht immer der Fall. Es ist, anders als bei der vieldiskutierten Frage «Kapital oder Rente» auch nicht so, dass durch die fehlende Kapitalleistung (Todesfallkapital) die Rente erhöht würde. Die Einkäufe, welche - sofern sie im freien Vermögen verblieben wären - ansonsten zweifelsfrei an die Hinterbliebenen ausgerichtet worden wären, werden in der Pensionskasse umverteilt.

Fazit

Arbeitgebende sollten mit ihrer Pensionskasse überprüfen, ob eine Rückgewähr auf freiwillige Einkäufe und/oder die gesamten Altersguthaben besteht. Wenn dies nicht der Fall ist, sollten die Prämien geklärt werden, um diese zusätzliche Absicherung zu implementieren. Versicherte sollten vor einem allfälligen Einkauf die Reglemente prüfen und sich bewusst machen, was mit einem Pensionskasseneinkauf passiert, wenn sie z.B. versterben. Findet man dies anhand des Reglements nicht ohne weiteres heraus (oder in speziellen Konstellationen), ist es sicher nicht falsch, bei der Arbeitgeberin oder der Pensionskasse nachzufragen. So kann man böse Überraschungen vermeiden.

Die Rückgewähr ist nur eine von zahlreichen Möglichkeiten, die berufliche Vorsorge für Mitarbeitende zu verbessern. Arbeitgebende sind gut beraten, die Möglichkeiten auszuloten, einerseits um als Arbeitgeberin attraktiv zu bleiben, andererseits sind Zahlungen in die berufliche Vorsorge typischerweise auch steuerprivilegiert.