SWISS GAAP FER
Erste Erfahrung mit der Fachempfehlung Swiss GAAP FER 30 – Konzernrechnung
Mit der Überarbeitung von Swiss GAAP FER 30 wurde beabsichtigt, den Anwenderinnen und Anwendern prinzipienbasierte Leitlinien bereitzustellen. Diese Fachempfehlung war erstmals auf Berichtsperioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2024 begonnen hatten. Die im Rahmen der erstmaligen Anwendung gewonnenen Erkenntnisse werden in diesem Artikel vorgestellt.
Mit der Überarbeitung von Swiss GAAP FER 30 (FER) wurden insbesondere folgende Themengebiete konkret adressiert:
- Kaufpreisallokation und Goodwill (unter anderem Goodwillwahlrechte, nicht bilanzierte immaterielle Werte im Rahmen des Kontrollerwerbs sowie von zukünftigen Ereignissen abhängige Kaufpreisbestandteile wie Earn-outs)
- Schrittweiser Anteilserwerb und -verkauf
- Behandlung von kumulierten Fremdwährungsdifferenzen
Im Rahmen dieser Publikation wurden 35 Konzernabschlüsse von Publikumsgesellschaften analysiert. Diese Gesellschaften sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. Die Zielsetzung war, die Auswirkungen der erstmaligen Anwendung der überarbeiteten Fachempfehlung FER 30 zu verstehen. Die untersuchten Themen werden im Folgenden dargestellt. Zudem zeigt der Artikel, ob und gegebenenfalls welche Restatements vorgenommen wurden.
74 Prozent der untersuchten Gesellschaften haben explizit im Konzernabschluss die Erstanwendung und Auswirkungen der neuen Fachempfehlung FER 30 offengelegt. Die übrigen Gesellschaften passten ihre Richtlinien teilweise an, ohne dies gesondert zu erläutern.
1. Kaufpreisallokation und Goodwill
Rund 92 Prozent der untersuchten Gesellschaften verrechnen den Goodwill mit dem Eigenkapital.
Gesellschaften, die den Goodwill verrechnen, schreiben ihn üblicherweise über fünf Jahre ab.
Da eine Mehrheit den Goodwill mit dem Eigenkapital verrechnet, zeigt sich, dass die Umstellung keine oder nur geringe Auswirkungen hatte. Die angepasste Fachempfehlung Ziffer FER 30/14 sieht vor, dass bisher nicht bilanzierte immaterielle Werte, die im Zusammenhang mit dem Kontrollerwerb aus Konzernsicht relevant sind, angesetzt werden müssen.
Zum Zeitpunkt der Analyse wurden gemäss offengelegten Informationen nur bei drei Akquisitionen Angaben gemacht. Betrachtet man die Eröffnungsbilanz, wurden immaterielle Werte angesetzt; es bleibt jedoch unklar, ob es sich dabei um zuvor nicht bilanzierte oder bereits bilanzierte immaterielle Werte der übernommenen Gesellschaft handelt, die für die Eröffnungsbilanz neu bewertet wurden. Aktuell können daher keine abschliessenden Aussagen dazu getroffen werden, ob nicht bilanzierte immaterielle Werte berücksichtigt wurden. Interessanterweise haben nur wenige Gesellschaften die Rechnungslegungsprinzipien angepasst und explizit darauf hingewiesen, dass bisher nicht bilanzierte immaterielle Werte, die im Zusammenhang mit dem Kontrollerwerb aus Konzernsicht relevant sind, angesetzt werden. Allerdings kann sich dies im Rahmen von zukünftigen Akquisitionen ändern.
Die Behandlung der Transaktionskosten ist offen ausgestaltet. Es besteht ein implizites Wahlrecht, diese entweder als Teil des Erwerbspreises oder zum Zeitpunkt ihrer Entstehung vollständig in der Erfolgsrechnung zu erfassen. In den Rechnungslegungsprinzipien der Konzernabschlüsse fanden sich hierzu keine spezifischen Angaben. Aus den Konzernabschlüssen und den dazugehörigen Informationen lässt sich jedoch erkennen, dass beide Methoden angewendet werden.
Nur wenige der untersuchten Gesellschaften legen Rechnungslegungsgrundsätze zur Behandlung von von künftigen Ereignissen abhängigen Kaufpreisbestandteilen (Earn-out) offen. Daraus kann geschlossen werden, dass diese häufig entweder nicht vereinbart werden oder von geringer Bedeutung sind.
2. Schrittweiser Anteilserwerb und -verkauf
Die Ziffern FER 30/21 und 22 regeln nun das Vorgehen bei schrittweisem Erwerb und Verkauf von Anteilen. Wenige Gesellschaften haben diesbezüglich Ihre Konzernrechnungslegungsrichtlinien angepasst.
Im Geschäftsjahr 2024 gab es wenige schrittweise Anteilserwerbe und -verkäufe.
Bei einer Gesellschaft wurden die ausstehenden Minderheitsanteile vollumfänglich erworben und wie gemäss Ziffer FER 30/72 verlangt nach den neuen Grundsätzen bilanziert. Da der Goodwill mit dem Eigenkapital verrechnet wird, spiegelt sich der Kauf der Minderheiten komplett im Eigenkapital wider: Der Goodwill ergibt sich aus der Differenz zwischen Kaufpreis und Buchwert der Minderheiten.
3. Behandlung von kumulierten Fremdwährungsdifferenzen
Die überarbeitete Fachempfehlung behandelt kumulierte Fremdwährungsdifferenzen bei Änderungen der Beteiligungsverhältnisse. Falls die Bestimmung dieser Differenzen per Beginn der Berichtsperiode ab dem 1. Januar 2024 nicht möglich ist, kann einmalig eine Befreiung genutzt werden, die im Anhang offenzulegen ist. Bisher wurden diese Differenzen oft nicht separat, sondern direkt im Gewinnvortrag ausgewiesen.
Gesellschaften müssen kumulierte Fremdwährungsdifferenzen neu separat im Eigenkapitalspiegel offenlegen. Dafür wurden Beträge vom Gewinnvortrag in einer neuen Spalte dargestellt; vier Gesellschaften haben dies gemacht. Eine Gesellschaft hat bei der Erstanwendung Fremdwährungsdifferenzen aus früheren verkauften Beteiligungen in die Gewinnreserve übertragen.
Keine der untersuchten Gesellschaften hat das Wahlrecht genutzt, die kumulierten Fremdwährungsdifferenzen auf null zu setzen.
Restatement
Es gab verschiedene Anpassungen wie folgt:
- Nach Einführung der überarbeiteten Fachempfehlung hat eine Gesellschaft den Goodwill direkt mit dem Eigenkapital verrechnet, eine andere Gesellschaft aktiviert den Goodwill neu und schreibt diesen über die Erfolgsrechnung ab.
- FER 30 schreibt vor, dass Goodwill bei assoziierten Beteiligungen wie bei Tochtergesellschaften bilanziert wird. In einem Fall wurde der bisher in der Bilanzposition «assoziierte Beteiligungen» enthaltene Goodwill mit dem Eigenkapital verrechnet, um eine einheitliche Anwendung innerhalb des Konzerns zu gewährleisten. Bereits vor der Überarbeitung von FER 30 haben rund 92 Prozent der untersuchten Gesellschaften den Goodwill mit dem Eigenkapital verrechnet.
- Goodwill wird ab sofort in einer eigenen Spalte im Eigenkapitalspiegel ausgewiesen – statt wie bisher bei den Gewinnreserven.
- Schlussendlich erfolgte bei sechs Gesellschaften eine Umklassierung innerhalb des Eigenkapitalspiegels, da die kumulierten Fremdwährungsdifferenzen wie oben dargelegt teilweise bis anhin in den Gewinnreserven enthalten waren.
Schlussfolgerung
Die überarbeitete Fachempfehlung FER 30 hat im Wesentlichen dazu geführt, dass die Konzernrichtlinien angepasst wurden. Anpassungen im Sinne eines Restatements sind selten. Die klare Mehrheit der Gesellschaften verrechnen Goodwill weiterhin zum Erwerbszeitpunkt mit dem Eigenkapital.
Unklar bleibt, welches Wahlrecht die Gesellschaften betreffend Transaktionskosten anwenden. Beide Methoden – die Aktivierung als Teil des Erwerbpreises oder die Erfassung der Kosten zum Zeitpunkt ihrer Entstehung direkt über die Erfolgsrechnung – werden in der Praxis angewendet.
Aufgrund der geringen Anzahl an Akquisitionen bleibt offen, welche bisher nicht ausgewiesenen immateriellen Werte für die Konzernentscheidungen relevant sind und künftig angesetzt werden. Eine Antwort darauf wird erst die Zukunft liefern.

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