RECHT

Aktuelle und interessante Gerichtsurteile

Arbeitsrecht

Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers

Das Bundesgericht bejaht im Fall eines alkoholkranken Servicetechnikers eine unverschuldete Arbeitsverhinderung und damit die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Nach einem Unfall im Zustand fortgeschrittener Alkoholabhängigkeit wurde der Arbeitnehmer fürsorgerisch zur stationären Entwöhnung eingewiesen. Da seine Sucht als Krankheit gilt, entstand die Arbeitsverhinderung krankheitsbedingt. Im vorliegenden Fall lagen mehrere Gründe für die Arbeitsverhinderung vor (Unfall mit Führerausweisentzug, Krankheit und stationäre Behandlung). Der Führerausweisentzug war kein eigenständiger Verhinderungsgrund. (BGer-Urteil 4A_221/22511.09.2025)

Sozialversicherungen

Hälftige Anrechnung von Erziehungsgutschriften

Erziehungsgutschriften werden für verheiratete Personen auch dann nur zur Hälfte auf die AHV-Rente angerechnet, wenn der Ehepartner noch nicht im Rentenalter ist. Das Bundesgericht bestätigt, dass dies keine Geschlechtsdiskriminierung nach EMRK darstellt. Dies wäre der Fall, wenn die Sozialleistungen eine Förderung des von Artikel 8 EMRK geschützten Familienlebens bezwecken und sich zwingend auf dessen Gestaltung auswirken. Erziehungsgutschriften honorieren die Kindererziehung, unabhängig vom Umfang der Erwerbsreduktion und beeinflussen daher das Familienleben nicht zwingend. (BGer-Urteil 9C_431/202403.07.2025)

Strafrecht

Keine freie Einsicht in noch nicht rechtskräftige Strafbefehle

Das Bundesgericht entschied, dass Dritte keinen freien Zugang zu Strafbefehlen haben, die noch nicht rechtskräftig sind. Der Entscheid schützt die Unschuldsvermutung der Beschuldigten, denn gegen Strafbefehle, die noch nicht rechtskräftig sind, kann Einsprache erhoben werden. Es gelten die Vorschriften über die Einsicht in die Strafakte, insbesondere Artikel 101 StPO. Danach erhalten Dritte nur Einsicht, wenn ein wissenschaftliches oder schützenswertes Interesse vorliegt und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. (BGer-Urteil 7B_631/602318.09.2025)

Öffentliches Recht

Klage gegen Eidgenossenschaft abgewiesen

Das Bundegericht hatte sich erneut mit einer Klage gegen die Eidgenossenschaft im Zusammenhang mit der Credit Suisse zu befassen. Am 7. Oktober 2025 wies es die Staatshaftungsklage eines Aktionärs der Credit Suisse ab. Der Kläger hatte 2014 bis 2022 CS-Aktien im Wert von 149900 Franken erworben und nach der durch Notrechtsmassnahmen des Bundesrats ermöglichten Übernahme durch die UBS 533 UBS-Aktien erhalten. Er forderte 140783 Franken Schadenersatz und warf dem Bundesrat rechtswidriges Handeln und Amtsversäumnisse vor. Das Bundesgericht verneinte eine Haftung; die schriftliche Urteilsbegründung folgt. (Medienmitteilung BGer 07.10.2025)

Öffentliches Recht

Schwere Verfahrensmängel: Entbindung von Schweigepflicht nichtig

Das Bundesgericht erklärt eine Verfügung des Schwyzer Amts für Gesundheit und Soziales zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht als nichtig. Die Behörde hatte Klinikärzte eines Patienten mit pädophilen Neigungen ohne dessen Einbezug von der Schweigepflicht entbunden. Der Mann erfuhr erst durch Akteneinsicht davon. Das Bundesgericht sah darin besonders schwere Verfahrensmängel und stellte klar, dass eine Entbindung ohne gesetzliche Grundlage und Wahrung der Parteirechte unzulässig ist. (BGer-Urteil 2C_332/22402.09.2025)

Öffentliches Recht

Rückforderung von Kurzarbeitsentschädigung

Das Bundesverwaltungsgericht weist die Beschwerde einer inzwischen liquidierten Eventfirma ab, die 2020 bis 2022 Kurzarbeitsentschädigung bezogen hatte. Wegen fehlender oder nachträglich erstellter Zeiterfassungen konnten Arbeitsausfälle nicht überprüft werden. Für März 2020 bis August 2021 sowie teilweise für Januar bis März 2022 wurde die Entschädigung als unrechtmässig beurteilt. Die Rückforderung von 116379.60 Franken durch das SECO bleibt bestehen; Verfahrenskosten: 3400 Franken. (BVGer B-2235/202429.09.2025)

In der Entscheiddatenbank des Bundesverwaltungsgerichts finden sich weitere Entscheide zur Rückforderung von Kurzarbeitsentschädigung, welche den Zeitraum 2020 bis 2022 umfassen.

Zivilrecht

Vertraulichkeitsvereinbarung: Konventionalstrafe

Ein angestellter Tierarzt verpflichtete sich gegenüber seiner Arbeitgeberin mit einer Vertraulichkeitsvereinbarung, den Kundenstamm der Tierarztpraxis nicht zweckwidrig zu verwenden; bei Verstoss sollte eine Konventionalstrafe von CHF 50000 fällig werden. Die Vereinbarung wurde abgeschlossen, weil er in Übernahmeverhandlungen bezüglich der Praxis involviert war. Im Rahmen dieser Gespräche erhielt er offiziell Einblick in sensible betriebliche Informationen, darunter den Kundenstamm. Kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nutzte er die geschützten Kundendaten, um Werbung für seine eigene Praxis zu machen, indem er ein Schreiben an die Kunden versandte. Die Gerichte befanden dies als Verletzung der Vertraulichkeitsvereinbarung und sprachen die Konventionalstrafe zu; das Bundesgericht bestätigte dies. (BGer-Urteil 4A_675/202415.08.2025)

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