LEADERSHIP
Menschliche Führung – eine essenzielle Kompetenz des 21. Jahrhunderts
Im Zeitalter digitaler Innovationen und gesellschaftlicher Umbrüche gewinnt das Thema Führung eine neue, tiefgreifende Bedeutung. Anstatt sich auf reine Managementfähigkeiten zu konzentrieren, rückt zunehmend die menschliche Dimension in den Fokus: Werte, gesellschaftlicher Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung werden zu zentralen Leitprinzipien. Diese Entwicklung fordert einen Paradigmenwechsel hin zu einer Führungskultur, die gesellschaftliche Verantwortung und Menschlichkeit in den Mittelpunkt stellt.
Führung als gesellschaftlich bedeutsame Aufgabe
Der Wissenschafter Claus Otto Scharmer vom Massachusetts Institute of Technology beschreibt drei fundamentale Spaltungstendenzen, die unsere Gesellschaft prägen: den «Ecological Divide» (ökologische Spaltung), den «Social Divide» (soziale Spaltung) und den «Spiritual Divide» (spirituelle Spaltung). Der «Ecological Divide» manifestiert sich in Umweltschäden, Klimakrise und Verlust der biologischen Vielfalt; der «Social Divide» äussert sich in Polarisierung, Rassismus und gesellschaftlicher Entfremdung; und der «Spiritual Divide» betrifft das Auseinanderklaffen zwischen individuellem Selbst und ungenutztem Potential, verbunden mit psychischen Problemen wie Depression oder Burnout.
Scharmer fordert uns auf, diese Herausforderungen aktiv anzugehen, indem wir auf lokaler und globaler Ebene Verbindungen wiederherstellen. Organisationen spielen hierbei eine entscheidende Rolle, denn nur durch strukturierte Entscheidungsprozesse können nachhaltige Lösungen entstehen.1 In diesem Kontext gewinnt Führung eine erweiterte Bedeutung: Sie ist mehr als reine Steuerung oder Management – sie formt eine Kultur, die Menschlichkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung zum Ziel hat. Führung wird somit zur gesellschaftlichen Aufgabe, die massgeblich die Zukunft unserer Arbeitswelt und Gesellschaft gestalten kann.
Menschliche Führung als Brücke zwischen Individuum, Organisation und Gesellschaft
In der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts sind Unternehmen komplexe soziale Systeme, die auf den Austausch und die Interaktion von Menschen angewiesen sind. Trotz Digitalisierung bleiben die Mitarbeitenden individuelle, vielfach unberechenbare Persönlichkeiten mit eigenen Bedürfnissen und Erwartungen. Ein reiner Fokus auf Effektivität und Effizienz reicht nicht aus. Führung bedeutet vielmehr, Organisationen als lebendige, adaptive Systeme zu verstehen, die sich im Balanceakt zwischen Stabilität und Wandel ständig weiterentwickeln.
Dazu braucht es eine tiefgreifende Veränderung hin zu einer menschlichen Führungskultur, die Vertrauen, Mitsprache und Ko-Kreation fördert, sowie Sinnstiftung und soziale Verantwortung betont. Nur so kann eine Organisation auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben und zugleich einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Zum Beispiel fördern Führungskräfte Partizipation und Diversität, indem sie ihre Mitarbeitenden in Entscheidungen einbeziehen und ihre vielfältigen Perspektiven aktiv berücksichtigen. Durch gemeinsame Gestaltung von resonanten Beziehungen und inklusiven Arbeitskulturen tragen sie nicht nur zur Vielfalt bei, sondern stärken auch das gesellschaftliche Miteinander.
Madeleine Zbinden ist Expertin für Organisationsberatung, Coach und erfahrene Fach- und Führungsverantwortliche verschiedener Branchen und Unternehmen im In- und Ausland. In ihrer Arbeit verbindet sie ihre Erfahrung aus zahlreichen Veränderungsprojekten mit interdisziplinären Kompetenzen aus Betriebswirtschaft, Psychologie und Pädagogik. Sie begleitet als Sparringspartnerin, Macherin und Impulsgeberin Menschen und Organisationen mit Leidenschaft durch Veränderungsprozesse.

Die Notwendigkeit hoher Selbstkompetenz bei Führungskräften
Zentrale Voraussetzung für eine menschliche und gesellschaftlich verantwortliche Führung ist die Entwicklung von Selbstkompetenz. Führungskräfte müssen Persönlichkeitsmerkmale wie Integrität, Empathie, ethische Standfestigkeit und Kontinuität kultivieren. Selbstreflexion spielt dabei eine entscheidende Rolle: Durch das bewusste Hinterfragen der eigenen Haltung und Verhaltensweisen schaffen sie die Basis für verantwortungsbewusstes Handeln.
Das eigene Verhalten der Führungsperson beeinflusst unmittelbar das Arbeitsklima, das Wohlbefinden der Mitarbeitenden sowie deren Privatleben. Deshalb ist es essenziell, sich selbst gut zu kennen, Verletzlichkeit zu zeigen und eine Kultur der Offenheit zu fördern. Selbstreflexion bildet die Grundlage, um andere Menschen menschlich zu führen und eine nachhaltige Unternehmenskultur zu entwickeln.
Fazit
Menschliche Führung ist keine Nebenerscheinung, sondern eine zentrale Kompetenz für das 21. Jahrhundert. Sie verbindet individuelle Entwicklung mit gesellschaftlicher Verantwortung und schafft die Voraussetzungen für eine lebensdienliche Arbeitswelt. Dabei ist es essenziell, dass Führungskräfte selbst aktiv an ihrer persönlichen Entwicklung arbeiten, um authentisch und wirksam führen zu können – im Sinne von «be the change you want to see in your organization». Führungskräfte werden zunehmend zu Gestaltern gesellschaftlicher Transformation – Brückenbauerinnen und -bauer zwischen Individuum, Organisation und Gesellschaft.
1 Vgl. Rudolf Wimmer, Organisation und Beratung, Carl-Auer Verlag 2012.
Für eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema empfiehlt sich das Buch von Madeleine Zbinden «Menschlichkeit in der Führung». Es liefert wertvolle Impulse und Ansätze für eine menschliche, nachhaltige und gesellschaftlich verantwortliche Führung im heutigen Kontext.
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