IFRS
Die IFRS-Nachhaltigkeitsberichtsstandards gewinnen zunehmend an Bedeutung als globale Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Fokus auf die Bedürfnisse von Investoren.
Am 31. März 2022 veröffentlichte das International Sustainability Standards Board (ISSB) die beiden ersten Exposure Drafts (EDs) zu den IFRS Sustainability Disclosure Standards (SDS), IFRS S1 (Allgemeine Anforderungen) und IFRS S2 (Klimabezogene Angaben): Diese bauen auf den bestehenden Nachhaltigkeitsframeworks mit Investorenfokus auf (siehe hierzu auch das IFRS-Update in der «rechnungswesen & controlling»-Ausgabe 4/2022). Im Juni 2023 wurden nach öffentlicher Konsultation die endgültigen Versionen dieser beiden Standards veröffentlicht. Diese basieren auf den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und verweisen auf die branchenspezifischen Inhalte der Standards des Sustainability Accounting Standards Boards (SASB).1 Der Übergang vom Entwurf zur endgültigen Fassung führte zu präziseren Definitionen (z. B. zur Wesentlichkeit aus der Perspektive des Unternehmenswerts) und zu klareren Vorgaben hinsichtlich Publikation: Der Nachhaltigkeitsbericht soll gleichzeitig mit dem Finanzabschluss publiziert werden und die gleiche Berichtsperiode abdecken. Im ersten Jahr der Anwendung gelten noch gewisse Erleichterungen (z. B. für Scope-3-Treibhausgasemissionen).
Die verpflichtende Anwendung hängt von der jeweiligen nationalen Übernahme oder regulatorischen Prozessen ab. Mittlerweile gibt es erste freiwillige Berichte auf Basis der IFRS SDS. Dies markiert den Beginn dessen, was als globale Grundlage für eine kosteneffiziente und entscheidungsrelevante Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert werden soll.2
(siehe IFRS - International Sustainability Standards Board)
Per 18. September 2025 hatten 26 Länder die ISSB-Standards freiwillig oder verpflichtend übernommen, weitere neun befinden sich in Konsultation oder prüfen die Einführung. Dazu gehören z.B. UK, Kanada, Singapur, Hongkong, Nigeria und die Türkei. Einige Staaten wie Australien, Brasilien und Japan haben lokal angepasste Standards auf Basis von IFRS S1/S2 vorgelegt. Während die rechtliche Umsetzung in vielen Ländern noch läuft, beginnen einige bereits ab 2025 mit einer schrittweisen Einführung der Berichtspflichten. Auch die Schweiz beobachtet die internationalen Entwicklungen und dürfte die Regulierung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung entsprechend anpassen. Insbesondere die Schweizer Klimaverordnung, welche explizit nur auf die TCFD-Empfehlungen verweist, soll künftig insbesondere auf die IFRS SDS und die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) abstellen. Der weitere Fahrplan wird aufgrund der laufenden Omnibus-Updates der EU voraussichtlich im Frühling 2026 kommuniziert.
IFRS S1 legt den übergeordneten Rahmen für die Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsinformationen fest, die den Unternehmenswert, die Cashflows oder die Kapitalkosten beeinflussen können. Ein zentrales Merkmal ist die Verknüpfung mit dem Finanzabschluss, um Konsistenz und Integration sicherzustellen. IFRS S1 hat keine themenspezifischen Vorgaben, kann konzeptionell aber auf beliebige ESG-Themen angewendet werden. Wesentliche Informationen sind entlang der vier Säulen analog TCFD-Struktur offenzulegen, basierend auf der Entscheidungsrelevanz für Investoren:
IFRS S2 konzentriert sich auf klimabezogene finanzielle Risiken und Chancen und folgt denselben vier Säulen. Unternehmen müssen darlegen, wie sie Klimarisiken und -chancen identifizieren und steuern und wie diese ins Enterprise Risk Management eingebettet sind. Pflichtangaben umfassen:
Zusätzlich verlangt sind Szenarioanalysen zur Resilienzbewertung unter verschiedenen Klimapfaden sowie die Offenlegung zugrundeliegender Annahmen und Methoden.
Die derzeitige Priorität des ISSB liegt auf Umsetzungsunterstützung und Ergänzungen zu S1 / S2, während neue thematische Standards zu Biodiversität, Ökosystemen und Ökosystemleistungen (BEES) sowie Human Capital geprüft werden.
Im September 2025 veröffentlichte das ISSB zwei Exposure Drafts, die Änderungen an den SASB-Standards und branchenspezifische Leitlinien für IFRS S2 vorschlagen. Dies soll die sektorspezifische Anwendung der ISSB-Standards erleichtern und auch Unternehmen zugutekommen, die bereits SASB-Standards nutzen.
Obwohl die ISSB-Standards als weniger umfassend gelten als andere Standards wie GRI oder ESRS, sind auch hier einige Herausforderungen zu erwarten:
CFOs, ESG-Controller und Reporting-Spezialisten können einige Empfehlungen beachten:
Die ISSB-Standards mit einem klaren Fokus auf finanzielle Wesentlichkeit (Outside-in-Perspektive) haben bereits zu einer nennenswerten Konsolidierung von Frameworks wie TCFD und SASB geführt. Auch CDP hat seinen Klimafragebogen 2024 an IFRS S2 angepasst. Zudem erlauben Leitlinien und Mappingtabellen die Interoperabilität mit ESRS. Gleichzeitig unterscheiden sich die ISSB-Standards aber von GRI und ESRS: GRI fokussiert auf die Impact-Wesentlichkeit (Inside-out-Perspektive), während ESRS beide Perspektiven in der doppelten Wesentlichkeit kombiniert. Zudem decken beide einen viel breiteren Themenkreis ab. Während der IFRS-Standard einen fokussierten und kosteneffizienten «Climate First»-Ansatz fährt, reicht er möglicherweise nicht aus, um alle relevanten Stakeholder-Bedürfnisse längerfristig zu erfüllen. Gleichzeitig ist er gut positioniert, sich als gemeinsamer Nenner mit globaler Reichweite zu etablieren – unberührt von den derzeitigen Unsicherheiten der europäischen Regulierung im Zuge von Omnibus, und ist auch für mittelständische Unternehmen eine valable Option, die pragmatisch umgesetzt werden kann.
1 Formell wurden TCFD und SASB bereits in die IFRS-Foundation überführt; die Integration der zugrundeliegenden Frameworks ist allerdings noch nicht abgeschlossen.
2 https://www.ifrs.org/groups/international-sustainability-standards-board/