SWISS GAAP FER
Die FER-Fachkommission hat den Entwurf der überarbeiteten Fachempfehlung zu Vorsorgeverpflichtungen an ihrer Sitzung vom 27. November 2024 in die Vernehmlassung verabschiedet. Interessierte Personen und Organisationen sind eingeladen, ihre Stellungnahmen zu diesem Entwurf bis zum 18. April 2025 einzureichen.
Gestützt auf die Ergebnisse des im Sommer 2022 lancierten Überprüfungsverfahrens beschloss die FER-Fachkommission im Juni 2023, Swiss GAAP FER 16 mit Fokus auf die Themengebiete «Behandlung ausländischer Vorsorgepläne», «Angaben zu Schweizer Vorsorgeplänen» sowie «Offenlegungen/Anhangstabelle» zu überarbeiten. Nach konzeptionellen Richtungsentscheidungen im Herbst 2023 wurde der von der Subkommission erarbeitete Entwurf erstmals im Sommer 2024 in der FER-Fachkommission diskutiert. Aufgrund der Hinweise aus der Sitzung traf die Subkommission ergänzende Abklärungen und passte den Entwurfstext punktuell an. Im Rahmen der November-Sitzung nahm die FER-Fachkommission die Anpassungen zustimmend zur Kenntnis und verabschiedete den Entwurf mit nur einer Gegenstimme in die Vernehmlassung. Diese wurde in der Folge am 6. Januar 2025 mit Aufschaltung der Vernehmlassungsunterlagen auf der FER-Website (www.fer.ch) formell eröffnet.
Die überarbeitete Fachempfehlung orientiert sich an der bewährten Methodik im bestehenden Standard. Es wurde insbesondere darauf verzichtet, eine einheitliche Bewertung der Vorsorgeverpflichtungen über alle Vorsorgepläne und Länder hinweg vorzuschreiben. Vielmehr soll Transparenz durch erweiterte Offenlegungen zu den einzelnen Vorsorgeplänen innerhalb der Organisation geschaffen werden. Diese Offenlegungen basieren dabei auf vorhandenen Informationen, sodass in der Regel keine zusätzlichen Abschlüsse oder zusätzliche versicherungsmathematische Berechnungen zur Umsetzung der Vorgaben erforderlich sein werden.
Um auch die Anforderungen mit Bezug auf die Konzernrechnung abzudecken, wird neben der Bilanzierung von Schweizer Vorsorgeplänen auch die Bilanzierung von ausländischen Vorsorgeplänen spezifisch adressiert.
Zwecks Erleichterung der Anwendung wurde die Fachempfehlung klarer strukturiert und textlich vollständig überarbeitet. Auf die Erstellung einer Vergleichsversion zum bestehenden Standard wurde entsprechend verzichtet. Erstmals bilden drei Anhänge einen integralen Bestandteil der Fachempfehlung, was eine Straffung der textlichen Ausführungen erlaubte. Ergänzt werden diese Anhänge durch zwei Beispiele, welche die Umsetzung der neuen Fortschreibungstabelle (vgl. Abschnitt 1.6) für eine Schweizer Pensionskasse sowie einen ausländischen Vorsorgeplan veranschaulichen.
In den Anwendungsbereich der überarbeiteten Fachempfehlung fallen wie bisher Vorsorgepläne, welche Leistungsansprüche bei mindestens einer der Eventualitäten Ruhestand (Alter), Tod oder Invalidität begründen. Ebenfalls erfasst werden Hilfseinrichtungen wie zum Beispiel Finanzierungsstiftungen oder Wohlfahrtsfonds, soweit sie zur Finanzierung von Arbeitgeberbeiträgen oder zur Behebung einer Unterdeckung in einem Vorsorgeplan herangezogen werden können.
Neu wird klargestellt, dass staatliche Pläne ohne unmittelbare Nachschusspflichten (wie z. B. die AHV in der Schweiz) aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind. Dies soll insbesondere die konsistente Abgrenzung mit Bezug auf Vorsorgepläne im Ausland sicherstellen.
Finanzielle Auswirkungen von Vorsorgeplänen werden für jeden Vorsorgeplan gesondert betrachtet. Sie resultieren einerseits aus zu leistenden ordentlichen und übrigen Beiträgen an den Vorsorgeplan sowie andererseits aus dem wirtschaftlichen Nutzen oder der wirtschaftlichen Verpflichtung aus dem Vorsorgeplan. Diesbezüglich sowie mit Bezug auf die zugrundeliegenden Begriffsdefinitionen haben sich keine materiellen Änderungen zum bestehenden Standard ergeben.
Der Stichtag des Vorsorgeplan-Abschlusses resp. der versicherungsmathematischen Berechnung zur Bestimmung des wirtschaftlichen Nutzens bzw. der wirtschaftlichen Verpflichtung darf bis zu zwölf Monate vor dem Bilanzstichtag liegen (wie bisher), wobei aber bei solchen zeitlichen Abweichungen wesentliche Entwicklungen seit dem letzten Stichtag (z.B. Wertschwankungen oder Teilliquidationen) mittels Fortschreibung oder Neuerstellung zu berücksichtigen sind.
Die Aktivierung eines wirtschaftlichen Nutzens bei vorhandener Überdeckung muss wie bisher nur erfolgen, wenn es sowohl zulässig als auch beabsichtigt ist, diese Überdeckung für Zwecke des Arbeitgebers zu verwenden. Aufgrund der Anknüpfung an die Absicht entspricht dies einem faktischen Aktivierungswahlrecht. Eine Verschärfung der Aktivierungspflicht bei Überdeckungen, namentlich bei Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen, wurde nach sorgfältiger Abwägung der Pro- und Contra-Argumente am Ende verworfen. Allerdings wird neu eine offenzulegende Begründung verlangt, falls der bilanzierte wirtschaftliche Nutzen bzw. die bilanzierte wirtschaftliche Verpflichtung bedeutend von der entsprechenden Über- oder Unterdeckung abweicht.
Die Erfassung des wirtschaftlichen Nutzens bzw. der wirtschaftlichen Verpflichtung erfolgt in den langfristigen Finanzanlagen resp. den sonstigen langfristigen Verbindlichkeiten (mit gesondertem Ausweis in der Bilanz oder im Anhang). Aus Gründen der Praktikabilität wird wie bisher keine Aufsplittung in einen kurzfristigen und einen langfristigen Teil verlangt. Mit der Ausweispflicht der wirtschaftlichen Verpflichtung in den sonstigen langfristigen Verbindlichkeiten wird klargestellt, dass Vorsorgeverpflichtungen nicht Teil der Bilanzposition «Rückstellungen» bilden und entsprechend nicht in den Rückstellungsspiegel einzubeziehen sind. In der Konsequenz soll mit Inkraftsetzung der überarbeiteten Fassung von Swiss GAAP FER 16 der aktuell verlangte gesonderte Ausweis von «Rückstellungen aus Vorsorgeverpflichtungen» in Swiss GAAP FER 3 und Swiss GAAP FER 23 gestrichen werden, da diese Vorgabe in der Praxis zum Teil zu Doppelausweisen geführt hat.
Die Bilanzierung von Schweizer Vorsorgeplänen hat verbindlich nach dem in der überarbeiteten Fachempfehlung als «2-Schritte-Methode» bezeichneten Vorgehen zu erfolgen. In einem ersten Schritt wird die Über- oder Unterdeckung gemäss dem in Übereinstimmung mit Swiss GAAP FER 26 per Bilanzstichtag erstellten (oder auf den Bilanzstichtag fortgeschriebenen) Abschluss der Vorsorgeeinrichtung ermittelt. In einem zweiten Schritt wird auf Basis dieser Über- oder Unterdeckung beurteilt, ob sich für die Organisation ein wirtschaftlicher Nutzen oder eine wirtschaftliche Verpflichtung ergibt. Dies entspricht in der Substanz dem bisherigen Vorgehen. Durch die Festschreibung der 2-Schritte-Methode werden für Schweizer Vorsorgepläne bisher denkbare alternative Methoden zur Ermittlung des wirtschaftlichen Nutzens bzw. der wirtschaftlichen Verpflichtung (z.B. IAS 19-Berechnung) nicht mehr zulässig sein.
Mit Ausnahme von erfolgsneutralen Verwendungen, Änderungen im Konsolidierungskreis und Fremdwährungsdifferenzen wird die periodenbezogene Veränderung des wirtschaftlichen Nutzens bzw. der wirtschaftlichen Verpflichtung wie bisher gesamthaft im Personalaufwand erfasst. Als erfolgsneutrale Verwendung gilt hierbei die Reduktion einer erfolgswirksam gebildeten wirtschaftlichen Verpflichtung infolge von Zahlungen an Vorsorgepläne oder infolge von Leistungsauszahlungen (z.B. im Berichtsjahr getätigte Überweisung von in der Vorperiode abgegrenzten Sanierungsbeiträgen).
Arbeitgeberbeitragsreserven oder vergleichbare Posten (z.B. freie Mittel in Finanzierungsstiftungen) sind wie bisher in den langfristigen Finanzanlagen zu erfassen und in der Bilanz oder im Anhang gesondert auszuweisen. Eine Inanspruchnahme wird im Personalaufwand, eine allfällige fixe oder performanceabhängige Verzinsung in der neu eingeführten Position «Übriges Ergebnis aus Vorsorgeplänen» (vgl. Abschnitt 2.5) dargestellt.
Die Bilanzierung von ausländischen Vorsorgeplänen wird im bestehenden Standard nicht spezifisch adressiert. Die überarbeitete Fachempfehlung sieht hier neu ein Wahlrecht in Form von drei Optionen zur Ermittlung des wirtschaftlichen Nutzens oder der wirtschaftlichen Verpflichtung vor, wobei für vergleichbare Vorsorgeträger innerhalb eines Landes die gleiche Option zu wählen ist:
Option 1 wird voraussichtlich in der Praxis nur selten zur Anwendung kommen. Sie ist jedoch aus konzeptioneller Sicht erforderlich, um einerseits die gleiche Vorgehensweise wie für Schweizer Vorsorgepläne zu ermöglichen und andererseits als Ansatz für Länder, in denen keine lokal anerkannten Rechnungslegungsnormen für die Bilanzierung von Vorsorgeverpflichtungen existieren.
Mit Ausnahme von erfolgsneutralen Verwendungen, Änderungen im Konsolidierungskreis und Fremdwährungsdifferenzen wird die periodenbezogene Veränderung des wirtschaftlichen Nutzens oder der wirtschaftlichen Verpflichtung erfolgswirksam erfasst. Eine erfolgsneutrale Erfassung einzelner Bestandteile im Eigenkapital (in Anlehnung an die Lösung unter IFRS) wurde diskutiert, jedoch aus konzeptionellen Überlegungen verworfen.
Die erfolgswirksame Veränderung wird bei Option 1 im Personalaufwand ausgewiesen (gleich wie bei Schweizer Vorsorgeplänen). Bei den Optionen 2 und 3 wird sie wie folgt aufgeteilt:
Die Definitionen der einzelnen Bestandteile im Personalaufwand (wie laufender oder nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand) orientieren sich inhaltlich an den entsprechenden Definitionen in IAS 19. Bei abweichenden Bezeichnungen in versicherungsmathematischen Berechnungen nach anderen Rechnungslegungsstandards (z. B. HGB oder US GAAP) sind die im Personalaufwand auszuweisenden Posten sinngemäss zu bestimmen. Die Position «Übriges Ergebnis aus Vorsorgeplänen» wird in der Erfolgsrechnung als gesonderte Zeile im ordentlichen Ergebnis (vor der Position «Finanzergebnis») ausgewiesen.
Im Ergebnis enthält der Personalaufwand bei den Optionen 2 und 3 diejenigen Bestandteile des Vorsorgeaufwands, welche auch unter IAS 19 im Betriebsergebnis gezeigt werden (ohne das entsprechende Wahlrecht für Nettozinsen, welches mit Inkrafttreten von IFRS 18 per 1. Januar 2027 ohnehin wegfällt). Alle anderen Bestandteile des Vorsorgeaufwands (Residuum) werden - in Anlehnung an die Lösung unter US GAAP - in einer separaten Zeile unterhalb des betrieblichen Ergebnisses ausgewiesen. Dadurch wird die Volatilität des Betriebsergebnisses reduziert.
Die im bestehenden Standard verlangten tabellarischen Offenlegungen im Anhang haben sich in der Praxis als fehleranfällig und schwer verständlich erwiesen. Sie werden ersetzt durch eine Fortschreibungstabelle und eine Offenlegungstabelle. Die bisher vorgeschriebene Tabelle zu den Arbeitgeberbeitragsreserven fällt weg, da dieses Instrument in der Praxis an Bedeutung verloren hat. Die Pflicht zum gesonderten Ausweis von Arbeitgeberbeitragsreserven in der Bilanz oder im Anhang bleibt jedoch unverändert bestehen (vgl. Abschnitt 1.4).
Tabelle 1: Fortschreibungstabelle
In der Fortschreibungstabelle werden die Entwicklung des wirtschaftlichen Nutzens und der wirtschaftlichen Verpflichtung in je gesonderten Spalten und mit abschliessend aufgeführten Veränderungspositionen (Zeilen) dargestellt (vgl. Tabelle 1). Die Tabelle ist von der Struktur her vergleichbar mit einem Sachanlage- oder einem Rückstellungsspiegel. Ergänzt wird sie durch eine Aufgliederung des im Personalaufwand enthaltenen Vorsorgeaufwands. Die Unterpositionen «Veränderung wirtschaftlicher Nutzen aus Vorsorgeplänen» und «Veränderung wirtschaftliche Verpflichtung aus Vorsorgeplänen» korrespondieren hierbei mit den entsprechenden Positionen in der Fortschreibungstabelle (vgl. rote und grüne Zahlen in Tabelle 1). Die weiteren Unterpositionen beinhalten die geleisteten ordentlichen und übrigen Beiträge an Vorsorgepläne aufgrund von vertraglichen, reglementarischen oder gesetzlichen Grundlagen.
Tabelle 2: Offenlegungstabelle
Die Offenlegungstabelle bildet das Herzstück der überarbeiteten Fachempfehlung. Sie listet jeden Vorsorgeplan zusammen mit dessen Kerninformationen in strukturierter Form auf (vgl. Tabelle 2) und ermöglicht so einen raschen Überblick über die in der Organisation vorhandenen Vorsorgepläne, deren Organisationsform, Versichertenstruktur und finanzielle Situation (inkl. der verwendeten Datenbasis und der gewählten Option für den Einbezug). Die aufzuführenden Informationen werden in spezifischen Erläuterungen konkretisiert - etwa bei der Organisationsform durch abschliessende Auflistung der möglichen Vorsorgeträger. Dadurch wird der Erstellungsaufwand reduziert und die Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Organisationen erhöht. Die Totale des wirtschaftlichen Nutzens und der wirtschaftlichen Verpflichtung in der Offenlegungstabelle müssen mit den entsprechenden Beträgen in der Fortschreibungstabelle übereinstimmen (vgl. rot umrandete Felder in den Tabellen 1 und 2). Zwecks Reduktion des Tabellenumfangs dürfen die einzelnen Vorsorgepläne in der Offenlegungstabelle wie folgt aggregiert werden:
Falls sich in einem Vorsorgeplan im Berichtsjahr wesentliche Änderungen im Beitrags- oder Leistungsbereich ergeben haben oder solche beschlossen wurden, sind diese Änderungen und die finanziellen Auswirkungen auf die Organisation ergänzend zu den beiden Tabellen zu erläutern.
Zwecks Verifizierung der Verständlichkeit, der Praktikabilität und des Umsetzungsaufwands der überarbeiteten Fachempfehlung wurde auf Basis des Entwurfs ein Praxistest mit drei grösseren börsenkotierten FER-Anwendern (Stadler, Kardex, Georg Fischer) durchgeführt. Mit der Wahl dieser international tätigen Unternehmen konnte eine breite Abdeckung unterschiedlicher Arten von ausländischen Vorsorgeplänen in verschiedenen Ländern erreicht werden.
Die erhaltenen Rückmeldungen waren positiv. Nach Meinung der teilnehmenden Unternehmen beseitigt die überarbeitete Fachempfehlung die aktuell teilweise bestehenden Unsicherheiten in der Anwendung. Aus der Umsetzung der neuen Vorgaben wird zudem kein bedeutender Mehraufwand erwartet.
Die FER-Fachkommission lädt die Öffentlichkeit dazu ein, zum Entwurf der überarbeiteten Fachempfehlung bis zum 18. April 2025 Stellung zu nehmen. Der Online-Fragebogen zur Vernehmlassung sowie der Entwurf der überarbeiteten Fachempfehlung sind unter
https://www.fer.ch/fer16 verfügbar.
Aus Gründen der Transparenz beabsichtigt die FER-Fachkommission nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens, die eingegangenen Stellungnahmen zu den Vernehmlassungsfragen auf der FER-Website zu veröffentlichen, sofern dies nicht ausdrücklich abgelehnt wird.
Nach Abschluss der Vernehmlassung erfolgt Ende April/Anfang Mai 2025 die detaillierte Auswertung der Stellungnahmen. Die Ergebnisse sowie mögliche Anpassungen, die sich aus der Vernehmlassung ergeben, werden an der Sitzung der FER-Fachkommission vom 18. Juni 2025 besprochen. Die Verabschiedung und Inkraftsetzung der überarbeiteten Fachempfehlung ist auf die Sitzung der FER-Fachkommission vom 2. Dezember 2025 terminiert. Aktuell ist vorgesehen, dass die neuen Bestimmungen ab 1. Januar 2027 verbindlich anwendbar sein werden, wobei eine freiwillige frühere Anwendung erlaubt sein soll. Da die überarbeitete Fachempfehlung keine spezifischen Übergangsbestimmungen enthält, hat die Erstanwendung gestützt auf Ziff. 30 des FER-Rahmenkonzepts retrospektiv zu erfolgen, das heisst, der Abschluss ist so darzustellen, als ob die neuen Bestimmungen schon immer angewendet worden wären.