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Software-as-a-Service (SaaS) unter Swiss GAAP FER

Geschrieben von Silvan Loser | Jun 19, 2025 10:00:00 PM

SWISS GAAP FER

Software-as-a-Service (SaaS) unter Swiss GAAP FER

Während Anwendungssoftware noch vor wenigen Jahren primär gekauft wurde, setzen sich cloudbasierte Abo-Modelle inzwischen zunehmend durch. Aus Rechnungslegungssicht ergeben sich bei SaaS-Verträgen im Vergleich zu gekaufter Software einige Unterschiede, auf die in diesem Artikel näher eingegangen wird.

 

Die traditionelle Anschaffung einer betrieblichen Anwendungssoftware (wie z.B. eines ERP-Systems) erfordert relativ hohe Anfangsinvestitionen. Neben dem Kauf der Lizenz (entweder für mehrere Jahre oder als sog. Perpetual License für die Ewigkeit) sind für den Betrieb der Anwendung meist eigene IT-Hardware (z.B. ein Server) und qualifiziertes Personal (für die Administration, Wartung, Datensicherung etc.) erforderlich. Ein solches klassisches Software-Beschaffungsprojekt führt zu immateriellen Vermögenswerten und ist aus Perspektive der Rechnungslegung zu weiten Teilen vergleichbar mit der Anschaffung von Sachanlagen. Die Anschaffungskosten (inkl. direkt zurechenbaren Ausgaben für die Installation und Inbetriebnahme) werden aktiviert und über die erwartete Nutzungsdauer abgeschrieben (FER 10/3 und FER 10/8).

Die technologische Entwicklung der letzten zehn Jahre, insbesondere im Bereich des Internets und der Datenübertragung, hat zur zunehmenden Verbreitung von Cloud Computing Arrangements geführt. Dazu gehören namentlich Software-as-a-Service (SaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) und Infrastructure-as-a-Service (IaaS). Beim in der Praxis vorherrschenden SaaS-Modell wird Anwendungssoftware nicht mehr einmalig gekauft, sondern als laufende Dienstleistung über das Internet bezogen. Das für die Nutzung zu entrichtende Entgelt wird dabei typischerweise beeinflusst durch die Anzahl Benutzer und den Funktionsumfang sowie ggf. durch die Vertragsdauer. Während der Vorteil für die Anbieter von SaaS-Lösungen vorrangig bei wiederkehrenden Umsatzerlösen liegt, werden auf Kundenseite vor allem die Anfangsinvestition und die operationelle Komplexität reduziert, im Optimalfall sogar die Total Cost of Ownership (TCO).

Voraussetzungen für die Aktivierung von immateriellen Werten

Gemäss FER RK/15 i.V.m. FER 10/1 und FER 10/3 sind erworbene immaterielle Werte zu aktivieren, wenn folgende Kriterien kumulativ erfüllt sind: Der immaterielle Vermögenswert ist identifizierbar, steht in der Verfügungsmacht der Organisation und bringt über mehrere Jahre hinweg einen messbaren Nutzen. Zudem muss sein Wert verlässlich ermittelt werden können. Der letzte Punkt dürfte bei erworbenen immateriellen Werten meist unproblematisch sein, ausser etwa bei Anschaffungsnebenkosten in Form von internen Aufwendungen.

Illustration anhand eines Beispiels

Anhand der folgenden kurzen Fallstudie auf Basis eines Beispiels aus dem aktuellen FER-Lehrbuch wird aufgezeigt, wie SaaS-Verträge unter Swiss GAAP FER zu beurteilen sind. Da die Behandlung von Software-Implementierungskosten im Rahmen von SaaS-Modellen in Swiss GAAP FER 10 «Immaterielle Werte» nicht explizit geregelt wird, erfolgt die Evaluation unter Berücksichtigung des FER-Rahmenkonzepts und in Anlehnung an die relevanten Bestimmungen unter IFRS und US GAAP.

Das Unternehmen Z möchte seine auf einem firmeneigenen Server betriebene Software zur Verwaltung der Kundenbeziehungen (Customer Relationship Management, kurz CRM) durch die cloudbasierte Software-Lösung des Anbieters Y ersetzen. Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick der anfallenden Implementierungskosten.

 

 

a) Periodische Nutzungsgebühr

Bei SaaS-Verträgen begründet die zu entrichtende Nutzungsgebühr keinen aktivierbaren immateriellen Vermögenswert. Während das Kriterium der Identifizierbarkeit (FER 10/1) erfüllt ist, mangelt es an der für eine Aktivierung notwendigen Verfügungsmacht (FER RK/15). Der Vertragsnehmer erhält zwar das Recht, die Software zu verwenden, bleibt für deren Nutzung aber vom Anbieter abhängig, da sie auf dessen IT-Infrastruktur läuft. Wird die Nutzungsgebühr für mehrere Perioden im Voraus bezahlt, so ist die Zahlung als aktive Rechnungsabgrenzung zu erfassen, welche dann über die vereinbarte Nutzungsdauer erfolgswirksam über den Betriebsaufwand aufgelöst wird. Die Abgrenzung ist dabei gemäss FER RK/16 in eine kurzfristige und eine langfristige Komponente aufzuteilen.

b) Beratungskosten

Die Beratungskosten zu Beginn des Projekts generieren keinen unmittelbaren Nutzen für mehrere Perioden und sind konzeptionell mit Forschungsaufwendungen vergleichbar. Damit ist ein Kriterium für die Aktivierung eines immateriellen Vermögenswerts nicht erfüllt (FER RK/15 und FER 10/3); entsprechend sind die Beratungskosten in der Periode als Aufwand zu erfassen, in der sie anfallen, obwohl sie identifizierbar sind (FER 10/5). Dies würde ebenfalls für intern angefallene Beratungsleistungen gelten.

c) Datenmigration

Die Migration (inkl. Konvertierung) der Daten vom alten ins neue CRM-System ist zwar notwendig und führt zu identifizierbaren Kosten, generiert aber ebenfalls keinen unmittelbaren, mehrjährigen Nutzen. Damit erfüllen auch die im Zusammenhang mit der Datenmigration anfallenden Kosten die Bedingungen für eine Aktivierung nicht (FER RK/15 und FER 10/3) und sind entsprechend in der Periode als Aufwand zu erfassen, in der sie anfallen. Auch hier spielt es keine Rolle, ob es sich um interne oder externe Kosten handelt.

d) Konfiguration der Software

Die Software, welche parametrisiert wird, ist auf den Systemen von Anbieter Y installiert und befindet sich unter dessen Kontrolle. Entsprechend können die Konfigurationsaktivitäten nicht zu einem immateriellen Wert führen, welcher in der Verfügungsmacht von Unternehmen Z steht. Folglich ist eine Aktivierung von Konfigurationskosten als immaterieller Vermögenswert nicht möglich. Dies gilt analog für die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Testen der neuen Software.

Grundsätzlich sind die Konfigurations- und Testingkosten damit (gleich wie unter IFRS) in der Periode erfolgswirksam zu erfassen, in welcher die Arbeiten ausgeführt wurden. Hierbei ist unerheblich, ob es sich um interne oder externe Kosten handelt. Alternativ können diese Kosten im Sinne eines Wahlrechts (gleich wie unter US GAAP) auch als aktive Rechnungsabgrenzung erfasst und über die Nutzungsdauer erfolgswirksam aufgelöst werden (Fokus auf die zeitliche und sachliche Abgrenzung gemäss FER RK/11 und FER RK/12).

e) Zusätzliche Berichtsfunktionalität

Die Programmierarbeiten durch Anbieter Y (sog. Customising) begründen infolge der fehlenden Verfügungsmacht keinen separaten immateriellen Wert. Anders als die Konfiguration sind diese Implementierungs-Leistungen aber auch nicht eigenständig vom Zugang zur Software abgrenzbar (zumal nur Anbieter Y Änderungen am Software-Quellcode vornehmen kann). Da der Nutzen über die Zeit realisiert wird, sind diese Kosten als aktive Rechnungsabgrenzung zu erfassen und über die Nutzungsdauer erfolgswirksam via Betriebsaufwand aufzulösen.

f) Schulung

Interne und externe Schulungskosten erfüllen die Anforderungen an eine Aktivierung als immaterieller Vermögenswert nicht, da das Unternehmen keine Verfügungsmacht über die geschulten Mitarbeitenden hat. FER 10/19 schliesst die Aktivierung von Aus- und Weiterbildungskosten zudem explizit aus. Die Schulungskosten sind daher als Aufwand in der Periode zu erfassen, in der die Schulung durchgeführt wird. Dies gilt nicht nur für SaaS-Verträge, sondern auch für gekaufte Anwendungssoftware.

Fazit

Die Fallstudie zeigt, dass SaaS-Verträge grundsätzlich nicht zu aktivierbaren immateriellen Werten führen. Ein immaterieller Vermögenswert könnte allenfalls z.B. dann begründet werden, wenn eine Schnittstelle programmiert wird und der Quellcode ins Eigentum des Unternehmens übergeht.