STEUERN
Die Schweiz hat auf den 1. Januar 2024 die globale Mindeststeuer eingeführt und erhebt damit auf dem Gewinn grosser multinationaler Gruppen eine Ergänzungssteuer von maximal 15 Prozent. Die meisten Konzerne werden bis zum 30. Juni 2026 ihre erste Steuererklärung einreichen müssen. Welche Besonderheiten sind dabei zu beachten?
Die globale Mindeststeuer ist in der Schweiz in der Mindestbesteuerungsverordnung vom 22. Dezember 2023 (MindStV, mit Stand am 1. Januar 2025) geregelt. Die Verordnung ist für die Schweiz insofern einzigartig, als viele Aspekte nicht eigenständig in der Verordnung geregelt sind, sondern umfassend auf das Regelwerk der OECD («GloBE-Mustervorschriften» bzw. «MR») verwiesen wird. Dieses Regelwerk ist sehr umfangreich und zeichnet sich durch eine anspruchsvolle englische Rechtssprache aus, die selbst für englische Muttersprachler schwer verständlich sein kann.
Der GloBE Information Return (GIR) ist ein durch die OECD standardisierter Informationsbericht über den gesamten betroffenen Konzern.
Die Steuererklärung der globalen Mindeststeuer besteht aus einem zweistufigen Konzept: Zum einen muss jeder betroffene Konzern den GloBE Information Return (GIR) erstellen, und zum anderen müssen betroffene Konzerngesellschaften in ihrem Ansässigkeitsstaat eine lokale Ergänzungssteuererklärung einreichen.
Der GIR ist ein durch die OECD standardisierter Informationsbericht über den gesamten betroffenen Konzern. In diesem Bericht sind unter anderem eine nach Ländern geordnete Auflistung aller betroffenen Konzerngesellschaften und Zweigniederlassungen, auch als Geschäftseinheiten bezeichnet, sowie eine Übersicht über die Konzernstruktur enthalten. Zudem sind die Berechnung des effektiven Steuersatzes und die geschuldeten Ergänzungssteuern pro Land offenzulegen. Da aktuell seitens der OECD noch nicht alle Fragen hinsichtlich des GIR geklärt sind, ist er in der Mindestbesteuerungsverordnung noch nicht geregelt. Der Bundesrat wird dies in Kürze nachholen.
Die GloBE-Mustervorschriften schreiben vor, dass jeder Konzern den GIR innerhalb von 15 Monaten nach Geschäftsjahresende (bis zum 30. März N+2 für Geschäftsjahre, die am 31. Dezember N enden) einreichen muss. Für das erste Geschäftsjahr beträgt die Frist ausnahmsweise 18 Monate (bis zum 30. Juni N+2). Das Konzept der OECD sieht vor, dass der GIR im Grundsatz durch die oberste Konzerngesellschaft im Ansässigkeitsstaat eingereicht wird und dieses Land den GIR (bzw. Teile davon) mit sämtlichen Ländern teilt, in welchen der Konzern Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen hat.
Die OECD orientiert sich hierbei am Konzept des länderbezogenen Berichts (Country-by-Country Reporting, CbCR). Das notwendige multinationale Abkommen für diesen Austausch zwischen den Ländern liegt zur Unterschrift vor. Der Bundesrat führte hierzu eine Vernehmlassung durch, die am 8. Mai 2025 endete. Das Abkommen muss nun vom Parlament abgesegnet werden und wird voraussichtlich im Sommer 2026 in Kraft treten. Im Herbst 2026 sollen dann die GIR der einzelnen Konzerne für das Geschäftsjahr 2024 erstmalig mit dem Ausland ausgetauscht werden (Schweizer Konzern mit Tochtergesellschaften im Ausland) oder vom Ausland empfangen werden (ausländischer Konzern mit Tochtergesellschaft[en] in der Schweiz).
In den einzelnen Ländern bestehen zum Teil einmalige oder wiederkehrende Notifikationspflichten. Mit anderen Worten müssen die einzelnen Konzerngesellschaften die lokale Steuerbehörde darüber informieren, in welchem Land der Konzern den GIR einreichen wird. In der Schweiz ist diese Notifikationspflicht noch nicht geregelt.
Für betroffene Konzerne wird dieser Ansatz dann herausfordernd, wenn ein Partnerstaat der Schweiz das multinationale Abkommen (noch) nicht unterzeichnet hat. Die Schweiz kann dann den GIR mit diesem Land nicht austauschen oder von diesem Land nicht empfangen. Dies hat zur Folge, dass der Konzern den GIR separat in diesem Land einreichen muss. Es ist zu hoffen, dass die meisten Staaten mitmachen. Andernfalls sind die Konzerne mit zusätzlichen administrativen Herausforderungen konfrontiert.
Daneben müssen Konzerngesellschaften im jeweiligen Ansässigkeitsstaat eine lokale Ergänzungssteuererklärung einreichen. Diese ist durch die OECD weder inhaltlich noch in Bezug auf das technische Format standardisiert.
Die Ergänzungssteuererklärung für die Schweiz liegt bereits vor. Die Einreichung erfolgt ausschliesslich elektronisch über die neue webbasierte Plattform OMTax (steht für: OECD Minimum Tax; vgl. www.omtax.admin.ch), die von den Kantonen entwickelt wurde. Vor dem Einreichen muss sich die Konzerngesellschaft regis-trieren und erhält sodann einen Registrationscode von der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung. Mit diesem Code kann die Steuererklärung freigeschaltet, erstellt und eingereicht werden.
Die globale Mindeststeuer basiert auf dem Konzept einer Gruppenbesteuerung.
Die globale Mindeststeuer basiert auf dem Konzept einer Gruppenbesteuerung. Dies bedeutet, dass wenn ein Konzern mehrere Tochtergesellschaften in einem Land hat, diese gemeinsam veranlagt werden. Da die Veranlagung der Ergänzungssteuer in der Schweiz durch die Kantone erfolgt und ein Konzern in verschiedenen Kantonen Tochtergesellschaften haben kann, hat sich die Schweiz für einen sogenannten «One-Stop-Shop» entschieden. Eine Konzerngesellschaft ist gegenüber ihrer kantonalen Steuerverwaltung verantwortlich für die Registrierung, die Einreichung der Ergänzungssteuererklärung sowie die Bezahlung der Ergänzungssteuer aller Konzerngesellschaften in der Schweiz. Diese verantwortliche Konzerngesellschaft kann nicht frei gewählt werden, sondern wird durch die Vorschriften in der Mindestbesteuerungsverordnung bestimmt. Es ist in der Regel die oberste oder die wirtschaftlich wichtigste Schweizer Gesellschaft.
Die Ergänzungssteuererklärung ist sehr umfassend und bedeutend komplexer und anspruchsvoller als eine normale Gewinnsteuererklärung.
Die Ergänzungssteuererklärung ist sehr umfassend und bedeutend komplexer und anspruchsvoller als eine normale Gewinnsteuererklärung. Die Entrichtungsfrist richtet sich nach dem GIR und beträgt 15 Monate bzw. 18 Monate im ersten Jahr. An diesem Tag wird die geschuldete Ergänzungssteuer fällig. Die zuständige kantonale Steuerverwaltung prüft sie im gemischten Verfahren und erlässt danach eine Veranlagung. Ist der Konzern damit nicht einverstanden, kann Einsprache erhoben und anschliessend der Gerichtsweg (Bundesverwaltungsgericht, Bundesgericht) bestritten werden.
Vergleichbar mit der Gewinnsteuererklärung kann die fehlende, verspätete oder mangelhafte Einreichung rechtliche Konsequenzen haben.
Gerade für grosse Konzerne, die in vielen Ländern Tochtergesellschaften haben, wird der Compliance-Prozess für die globale Mindeststeuer zu einer Herkulesaufgabe werden. Einerseits ist der Prozess für die lokalen Ergänzungssteuererklärungen nicht harmonisiert (u.a. verschiedene Registrierungsfristen und -pflichten, unterschiedliche technische Formate, unterschiedliche Sprache). Andererseits erfordert die Erstellung sowohl des GIR als auch der vielen lokalen Ergänzungssteuererklärungen sehr viele Daten und Informationen mit hohem Detaillierungsgrad aus zum Teil verschiedensten Systemen eines Konzerns. Auf dem Markt sind erste Software-Lösungen verfügbar, die die Erstellung und Einreichung der Steuerklärungen vereinfachen und automatisieren. Konzernsteuerabteilungen können diesen Zeitpunkt aber auch richtungsweisend nutzen, um mit der Geschäftsleitung über ihre kurz-, mittel- und langfristige Strategie der Digitalisierung ihrer Steuerfunktion und Erhöhung der Datenqualität zu beraten.