REVISION
Seit der Einführung des Opting-out hat die Anzahl Revisionsstellenmandate stetig abgenommen. In diesem Artikel wird den Ursachen dafür nachgegangen und analysiert, welche Auswirkungen die Abschaffung des rückwirkenden Opting-out per 1. Januar 2025 auf die weitere Entwicklung haben könnte.
Anfang 2008 kam es im Schweizer Revisionsmarkt gleich in mehrfacher Hinsicht zu einem Paradigmenwechsel: Erstens wurde die Möglichkeit des Opting-out eingeführt, das Unternehmen mit maximal zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt erlaubt, auf eine gesetzliche Revisionsstelle zu verzichten; zweitens erfolgte die Differenzierung zwischen der eingeschränkten Revision für KMU und der ordentlichen Revision für grössere Unternehmen; und drittens dürfen seither gesetzliche Revisionen nur noch durch Revisionsunternehmen mit einer Zulassung der Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) durchgeführt werden. Wie in Abbildung 1 gut ersichtlich ist, hat die Abschaffung der Revisionspflicht für kleine Unternehmen zu einer grundlegenden Veränderung des schweizerischen Revisionsmarkts geführt. Der starke Rückgang der Revisionsquote von 57% auf 16% (über alle potenziell revisionspflichtigen Rechtsformen) zwischen Ende 2007 und Ende 2024 zeugt davon, dass viele Firmen die Möglichkeit des Opting-out nutzen. Bei den Neugründungen verzichteten im letzten Jahr sogar 99% der GmbHs und 92% der AGs auf eine Revision.
Abbildung 1: Entwicklung der Anzahl potenziell revisionspflichtiger Firmen, ihrer Revisionsstellenmandate und der Revisionsquote zwischen Ende 2005 und April 2025 (Quelle: auditorstats.ch).
Seit der Abschaffung der Revisionspflicht 2008 ist die Anzahl Revisionsstellenmandate bis Ende 2024 ausnahmslos in jedem Jahr zurückgegangen, auch wenn sich der Trend inzwischen abgeschwächt hat. Um die anhaltende Dynamik besser zu verstehen, werden die Kräfte, die im Jahr 2024 auf den Revisionsmarkt gewirkt haben, genauer untersucht (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Veränderung der Anzahl Revisionsstellenmandate zwischen Ende 2023 und Ende 2024 (Quelle: auditorstats.ch).
Insgesamt hat die Anzahl Revisionsstellenmandate von 91858 Ende 2023 um 1124 Mandate auf 90734 Ende 2024 abgenommen (-1.2%). Die Tatsache, dass es zu 2154 Opting-outs gekommen ist, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass immer noch nicht alle Unternehmen, die auf eine Revision verzichten könnten, dies auch tun. Des Weiteren kam es zu 652 Austragungen von Revisionsstellen ohne unmittelbaren Zusammenhang mit einem Opting-out. Dabei dürfte es sich primär um Rücktritte handeln. Nicht zu vernachlässigen als Faktor sind ferner Unternehmen, die aus dem Handelsregister gelöscht werden, während sie über eine Revisionsstelle verfügen. Dieser Fall tritt vorrangig bei Fusionen und freiwilligen Auflösungen ein. Es wurden aber auch neue Revisionsstellenmandate geschaffen, einerseits durch Neugründungen mit einer direkten Bezeichnung einer Revisionsstelle (+1339 Mandate) und andererseits durch die Wahl einer Revisionsstelle bei bestehenden Unternehmen (+2031 Mandate). Dazu kommt es, wenn ein Unternehmen wächst und revisionspflichtig wird oder bei einem Opting-in (z.B. auf Anregung eines Gläubigers oder auf Verlangen eines Aktionärs).
Im Rahmen des Bundesgesetzes über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses wurde per 01.01.2025 die Möglichkeit des rückwirkenden Opting-out ausgeschlossen. Gemäss Art. 727a Abs. 2 OR gilt der Verzicht auf eine Revisionsstelle «nur für künftige Geschäftsjahre und muss vor Beginn des Geschäftsjahres beim Handelsregister angemeldet werden». Neu müssen für ein Opting-out damit vier Bedingungen kumulativ erfüllt sein:
Der letzte Punkt mag etwas formalistisch erscheinen, das eidgenössische Amt für das Handelsregister (EHRA) führt in seiner Praxismitteilung 2/24 jedoch explizit aus, dass eine verspätete Anmeldung (trotz rechtzeitigem Beschluss) zur Rückweisung des Antrags führt. Bei einer streng wörtlichen Auslegung des Gesetzestextes könnte man zudem zur Auffassung gelangen, dass ein Opting-out bei der Gründung nicht mehr erlaubt ist (da der Verzicht nur für künftige Geschäftsjahre möglich ist). Art. 62 Abs. 3 HRegV stellt jedoch klar, dass der Verzicht (weiterhin) bei der Gründung erklärt werden kann. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass eine rückwirkende Aufhebung des Opting-out für das vergangene Geschäftsjahr nach wie vor möglich ist (bis zehn Tage vor der GV, vgl. Art. 727a Abs. 4 OR).
Neu fordert das Gesetz ausserdem explizit, dass bei der Anmeldung des Verzichts «die Jahresrechnung des zuletzt abgelaufenen Geschäftsjahres beigelegt» wird (Art. 727a Abs. 2bis OR). Die Handelsregisterverordnung präzisiert, dass auch der dazugehörige Revisionsbericht vorzuweisen ist (Art. 62 Abs. 2 lit. c HRegV). Die neuen Bestimmungen erschweren damit die Situation für Unternehmen, deren Revisionsstelle vorzeitig zurücktritt. Während bis anhin in solchen Fällen de facto auf ein (rückwirkendes) Opting-out zurückgegriffen werden konnte (sofern die Voraussetzungen dazu erfüllt waren), muss nun also eine neue Revisionsstelle gefunden werden.
Auf ein angemeldetes zukünftiges Opting-out wird gemäss der erwähnten Praxismitteilung des EHRA durch folgenden Text im Handelsregisterauszug hingewiesen: «Die Gesellschaft verzichtet ab dem Geschäftsjahr, das am [Datum] beginnt, auf eine eingeschränkte Revision.»
Eine Auswertung der Handelsregisterdaten vom 01.01. bis 15.04.2025 führt namentlich zu zwei Erkenntnissen: Einerseits wurden in 15 Kantonen insgesamt erst 31 Opting-outs für zukünftige Geschäftsjahre deklariert, rund die Hälfte davon auf den 01.01.2026. Anderseits hat die Anzahl Opting-outs im ersten Quartal 2025 gegenüber demselben Zeitraum in den beiden Vorjahren markant abgenommen (von durchschnittlich etwa 450 auf weniger als 250). Da die Mehrheit der Unternehmen ihr Geschäftsjahr per 31.12. abschliesst, können sie derzeit indes ohnehin frühestens ein Opting-out für das Jahr 2026 beschliessen. Im Nachgang zur aktuellen GV-Saison bei den KMU (April bis Juni) könnte es entsprechend zu einem Aufholeffekt kommen - für die Anmeldung des Verzichts ab 2026 bleibt schliesslich Zeit bis Ende 2025.
Interessanterweise hat aufgrund des Rückgangs der Opting-outs die Anzahl Revisionsmandate im ersten Quartal 2025 erstmals seit 2008 leicht zugenommen. Ob es sich dabei um einen temporären Effekt handelt (Verschiebung auf das zweite Halbjahr) oder es zukünftig generell weniger Opting-outs geben wird, kann noch nicht beurteilt werden. Das zweite Szenario würde indes darauf hindeuten, dass das Instrument des Opting-out tatsächlich relativ häufig ad hoc verwendet worden ist - und mit der Gesetzesänderung entsprechend eine Lücke geschlossen werden konnte.