PERSONALWESEN
Diskriminierung kennt verschiedene Erscheinungsformen, wie bei der Aufgabenzuteilung, der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung. Sie kann direkter oder indirekter Art sein und ist nicht zulässig.
Am 1. Juli 2020 trat das revidierte Gleichstellungsgesetz (GlG) mit den neuen Art. 13a - 13i, 17a und 17b, vorerst befristet bis Mitte 2032, in Kraft. Im Fokus der Revision stand die Lohngleichheit. Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden und mehr (Lernende werden nicht gezählt) müssen - abgesehen von zwei Ausnahmen - zwingend eine Lohngleichheitsanalyse durchführen. Die erste Lohngleichheitsanalyse musste bis spätestens zum 30. Juni 2021 vorliegen. Sodann haben die Analysen alle vier Jahre zu erfolgen und müssen von unabhängigen Stellen überprüft werden. Im Jahr 2025 befinden wir uns also zum ersten Mal in dieser Phase.
Direkte Lohndiskriminierung liegt vor, wenn die Ungleichbehandlung ausdrücklich aufgrund biologischer («sex») oder sozialer (Rollenbild: «gender») Geschlechtszugehörigkeit erfolgt oder auf ein Kriterium zurückzuführen ist, das nur von einem der beiden Geschlechter (ohne Transgender) erfüllt werden kann, wie Schwangerschaft oder Mutterschaft, und die Ungleichbehandlung sachlich nicht gerechtfertigt ist.
Beispiel: Der Lohn des einen Geschlechts ist grundlos tiefer als der Lohn des anderen in vergleichbarer Position.Von indirekter Lohndiskriminierung spricht man, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis zur erheblichen Benachteiligung Angehöriger eines Geschlechts gegenüber jenen des anderen führt, ebenfalls ohne sachliche Begründung.
Beispiel: Gewährung gewisser Vorteile, z.B. Abschluss einer Krankentaggeldversicherung, nur gegenüber Vollzeitbeschäftigten, wenn die Teilzeitkräfte vorwiegend Frauen sind.Der Bund stellt den Arbeitgebern zur Selbstanalyse sein kostenloses Standard-Analyse-Tool «Logib» als web-basierte Anwendung zur Verfügung. Es gibt zwei Module, wobei sich Modul 1 an grosse Unternehmen wendet und Modul 2 sich für kleinere Unternehmen eignet. Die Arbeitgeber können auch eine andere Methode wählen, welche wissenschaftlich und rechtskonform ist.
Zur Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse kann der Arbeitgeber aus drei Stellen auswählen:
Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeitenden innerhalb eines Jahres nach dem Prüfungsbericht schriftlich über die Ergebnisse der Lohngleichheitsanalyse informieren. Börsenkotierte Gesellschaften veröffentlichen das Ergebnis der Analyse zusätzlich im Anhang der Jahresrechnung. Öffentlich-rechtliche Arbeitgeber müssen die Ergebnisse der Analyse und der Überprüfung veröffentlichen.
Hinsichtlich der Durchsetzung sind keine direkten rechtlichen Sanktionen aus dem Gleichstellungsgesetz bei Verletzung der Bestimmungen über die Lohngleichheitsanalyse vorgesehen, jedoch trägt der säumige Arbeitgeber neben der Nachzahlungspflicht ein erhebliches Reputationsrisiko und gegebenenfalls prozessuale Nachteile in einem Gleichstellungsverfahren. Weiterführende Informationen sind zu finden unter diesen Links:
Ein typischer Fall aus der Praxis, der durch einen Vergleich gelöst werden konnte. Die Arbeitnehmerin hat nicht übermarcht, indem sie sich rückwirkend auf eine Nachforderung von fünf Jahren beschränkte, was der Verjährungsfrist von Art. 128 Ziff. 3 OR entspricht.
Die Gesuchstellerin arbeitet seit 2011 bei der Arbeitgeberin. Sie verlässt per 31. Dezember 2023 die Arbeitsstelle und fordert nachträglich eine Lohnnachzahlung während der letzten fünf Jahre aufgrund von Lohndiskriminierung. Dazu vergleicht sie sich direkt mit ihrem männlichen Kollegen, der die gleichen Aufgaben hat wie sie. Das Lohnsystem der Arbeitgeberin stellt auf den Tätigkeits- und Verantwortungsbereich, die Ausbildung und die Berufserfahrung ab. Die Arbeitgeberin argumentiert, dass die Gesuchstellerin deutlich weniger Berufserfahrung aufweisen könne als ihr männlicher Kollege. Die Aufgaben und die Ausbildung seien gleich. Die Gesuchstellerin widerspricht der Arbeitgeberin und verlangt Lohnnachzahlung während der letzten fünf Jahre.
Die Schlichtungsstelle überprüft die dargelegte Lohneinstufung der Arbeitgeberin und kommt zum Schluss, dass die Gesuchstellerin und ihr Kollege die gleiche Aufgabe und Ausbildung aufweisen. Die Berufserfahrung der Gesuchstellerin wurde weniger gewichtet als bei ihrem Kollegen.
Die Schlichtungsstelle macht einen Vergleichsvorschlag. Die Parteien nehmen den Vorschlag an und schliessen einen Vergleich ab.
Quelle: Schlichtungsstelle für Gleichstellungsfragen des Kantons Aargau, 6. Mai 2024