DIGITALISIERUNG
Für KMUs ist das Thema «Digitalisierung» seit über einem Jahrzehnt in aller Munde. Dennoch bremsen gesetzliche Vorgaben, technische Hürden und interne Priorisierungen häufig die Umsetzung. Ist 2025 nun der richtige Zeitpunkt, um den Schritt endlich zu wagen?
Die Vorteile der Digitalisierung liegen auf der Hand: Wer hätte nicht gerne schlankere Abläufe, einen besseren Überblick und ortsunabhängige Kontrolle? In der Buchhaltung zeigt sich ein klarer Trend weg vom Papier. Viele KMUs haben während der Corona-Pandemie erkannt, dass das Arbeiten von zu Hause wesentlich einfacher ist, wenn nicht ganze Bundesordner mit Belegen mitgeschleppt werden müssen. Ein digitaler Visierungsprozess bietet Mitarbeitenden im Homeoffice daher einen erheblichen Mehrwert.
Aber weshalb tun sich viele Unternehmen trotz der offensichtlichen Vorteile so schwer? Ein Grund dafür liegt sicherlich in der Gesetzgebung, da einerseits die Anforderungen an ein digitales Belegarchiv sehr breit definiert sind und andererseits in der Politik Uneinigkeit herrscht, ob diese Anforderungen vereinfacht werden sollten.
Ein weiterer Aspekt ist die technische Umsetzbarkeit, denn die bestehenden Prozesse müssen zeitgerecht und vor allem auch kostensparend abgebildet werden. Bis alle Entscheidungsträger sich einig sind, kann dies eine Weile dauern - daher die Frage: Ist das Warten auf mehr Klarheit gerechtfertigt?
Zunächst lohnt es sich, das Kernelement der digitalen Buchhaltung - den virtuellen Beleg - im Detail zu betrachten, insbesondere hinsichtlich der revisionssicheren Ablage gemäss dem Obligationenrecht (OR), der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) und verschiedenen Gesetzestexten der Mehrwertsteuer (MWST). Dabei sind und bleiben das zentrale Argument die Grundsätze der ordnungsmässigen Buchführung (Art. 957a Abs. 2 OR), die unter anderem die Wahrheit der Geschäftsvorfälle sowie deren Nachvollziehbarkeit für Dritte voraussetzen.
Als Konsequenz der zunehmend digitalen Arbeitswelt wurde 2010 im Rahmen der MWST-Info 16 festgehalten, dass das Speichermedium des Belegs irrelevant ist. Somit sind Papierrechnungen, gescannte Papierrechnungen und elektronische Rechnungen gleichgestellt.
Unter einem «elektronischen Beleg» verstehen wir im modernen Kontext der Digitalisierung der KMUs ein File, oftmals im PDF-Format, welches auf einem Laufwerk oder in einer Cloud abgespeichert ist. Doch Vorsicht: Da es sich bei solchen Speicherorten um einen «veränderbaren Informationsträger» handelt, müssen gemäss Art. 9 GeBüV weitere Massnahmen zum Feststellen der Integrität getroffen werden - beispielsweise durch digitale Signaturen und einen Zeitstempel.
Ist der zusätzliche Aufwand für die geforderte «Integrität» digitaler Belege wirklich verhältnismässig?
An diesem Punkt beginnen die Diskussionen: Ist der zusätzliche Aufwand für die geforderte «Integrität» digitaler Belege wirklich verhältnismässig? Schliesslich könnte das PDF am Ende des Geschäftsjahres ausgedruckt werden, um den revisionssicheren Anforderungen zu genügen - was weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll ist.
Hier setzt auch die eingangs erwähnte politische Debatte an: Eine vom Nationalrat unterstützte Motion wollte die Pflicht zur Signatur aufheben. Bundesrat und Ständerat entgegneten, dass die technologieneutrale Formulierung bereits genügend Spielraum zum Feststellen der Integrität biete und lehnten diese Motion ab (mehr dazu in dem in der Fussnote angegebenen Beitrag).
Was bedeutet dies für die Schweizer KMUs? Förderlich für die digitale Transformation ist dies sicherlich nicht - wir befinden uns in einer Grauzone, in der alle Formate der Belege gleichgestellt sind, aber paradoxerweise verschiedene Anforderungen erfüllen müssen. Gemäss unserer Erfahrung entscheiden primär Unternehmensgrösse und Komplexität der Prozesse darüber, ob und in welchem Ausmass die Integrität der digitalen Belege gewährleistet werden muss. Wer jedoch sicherstellen möchte, dass alles revisionskonform abgelegt ist, sollte sich mit preiswerten Dokumentenmanagementsystemen (DMS) oder Archiv-Tools für die Buchhaltung auseinandersetzen.
Insgesamt muss bei der digitalen Buchhaltung auch das «Vorher» und «Nachher» des verbuchten Belegs berücksichtigt werden - vom Rechnungseingang über die Visierung bis hin zur für alle Mitarbeitenden zugänglichen Ablage. Laut Umfragen im Jahr 2020 schätzte die Hälfte der Teilnehmenden, dass sie 60 Prozent oder mehr ihrer Rechnungen auf dem Papierweg erhalten. Durch E-Mail hat sich dies seitdem sicherlich reduziert; ganz verschwinden wird der Papierbeleg wohl nie. Fragen Sie sonst einmal bei der Ausgleichs- oder der Pensionskasse nach, ob der Briefverkehr eingestellt werden kann …
Wer jedoch sicherstellen möchte, dass alles revisionskonform abgelegt ist, sollte sich mit preiswerten Dokumentenmanagementsystemen (DMS) oder Archiv-Tools für die Buchhaltung auseinandersetzen.
Rechnungen via E-Mail zu erhalten bietet verschiedene Vorteile, vor allem was die Automatisierung betrifft. Gewiefte Anwenderinnen und Anwender haben eine spezifische E-Mail-Inbox für Kreditoren eingerichtet, wo Anhänge einer Nachricht via eines definierten Windows-Workflows direkt in einem Explorer-Ordner gespeichert werden können. Von dort aus kann die PDF-Rechnung dann verarbeitet werden - sei es manuell oder teilautomatisiert mithilfe eines in der Buchhaltung integrierten DMS.
Das digitale Visieren eröffnet zudem viele Möglichkeiten: Mitarbeitende können von überall aus (häufig via Webportale oder E-Mail) Fragen zur Buchhaltung beantworten oder Informationen wie Kostenstellen oder Projektbezüge ergänzen. Wo vorher Zettel im Umlauf waren, sieht die Buchhalterin oder der Buchhalter nun auf einen Blick, welche Rechnungen genehmigt wurden, welche noch offen sind und welche Buchungen angepasst werden müssen.
Eine digitale Buchhaltung erlaubt zudem den gleichzeitigen und ortsunabhängigen Zugriff auf die Belege - auch von Mitarbeitenden anderer Abteilungen aus. Dadurch werden relevante Informationen einfacher teilbar; ein Beispiel eines unserer Anwender: Der Einkauf eines Metzgereibetriebs kann via Volltextsuche das ganze Archiv nach der gewünschten Art des Fleischstücks durchsuchen und die Preise sofort vergleichen.
Aller Anfang ist schwer. Beim Umstieg auf eine digitale Buchhaltung müssen bestehende Prozesse überdacht und viele Entscheidungsträger involviert werden. Doch die Effizienzgewinne machen sich oft schneller bemerkbar als erwartet, da durch die Zugänglichkeit der Informationen viel Zeit, Platz und schliesslich Geld eingespart werden kann.
Die KMUs sollten davon wegkommen, den Buchhaltungsaufwand «nur» als Kostenstelle zu betrachten und beginnen, die Vorteile der Digitalisierung miteinzurechnen - etwa den Wert des schnelleren Buchens sowie Homeoffice-Möglichkeiten und bessere Visierungsprozesse. Wer sich trotz rechtlicher Grauzonen sicher sein möchte, kommt kaum um ein intelligentes Archivsystem herum. Letztendlich bleiben die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung - unter anderem Belegnachweis und Nachprüfbarkeit - oberstes Gebot.