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Die Bilanzierung von CO2-Zertifikaten nach IFRS

Geschrieben von Schmachtenberg Frederik | Mar 20, 2025 11:00:00 PM

IFRS

Die Bilanzierung von CO2-Zertifikaten nach IFRS

Immer mehr Unternehmen sehen sich als Eigentümer von freiwilligen CO2-Zertifikaten mit der Entwicklung einer Bilanzierungsmethode für die Bilanzierung von CO2-Zertifikaten konfrontiert. Hierbei gilt es bestimmte Fragen zu beantworten, die teilweise zu unterschiedlichen Bilanzierungen führen können.

 

CO2-Zertifikate spielen eine immer wichtigere Rolle bei der Minderung emissionsbezogener Risiken und der Integration von Nachhaltigkeitszielen in finanziellen Strategien von Unternehmen. Regulatorische Vorgaben wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder die Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) verdeutlichen die Dringlichkeit für CFOs und Finanzmanager, die Mechanismen zur Kompensation von CO2-Emissionen zu verstehen und effektiv zu steuern. In einem sich noch entwickelnden Markt für CO2-Zertifikate, der auch von erheblichen Preisschwankungen geprägt sein kann, ist ein fundiertes Verständnis der Bilanzierung wichtig.

Grundsätzlich sollte zwischen CO2-Zertifikaten aus Compliance-Märkten und solchen aus freiwilligen Märkten unterschieden werden. Compliance-Märkte, wie das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS), sind regulierte Rahmenbedingungen, in denen Unternehmen gesetzlich vorgeschriebene Emissionsgrenzen einhalten müssen. Im Gegensatz dazu operieren freiwillige CO2-Zertifikate (Voluntary Carbon Credits) ohne regulatorische Verpflichtung, was es Unternehmen ermöglicht, CO2-Zertifikate freiwillig zu erwerben, mit dem Ziel, ihre Emissionen auszugleichen und z.B. nach aussen kommunizierte Klimaziele zu erreichen. Dieser Beitrag fokussiert sich auf die Bilanzierung freiwilliger CO2-Zertifikate.

Was sagen die International Financial Reporting Standards?

Obwohl das IASB aktiv an den Diskussionen zur Bilanzierung von CO2-Zertifikaten mitwirkt und dabei Klarheit und Konsistenz in der entsprechenden Bilanzierung und Bewertung grundsätzlich an erste Stelle stellt, gibt es bis heute keine spezifischen Regelungen in den IFRS für die Bilanzierung von freiwilligen CO2-Zertifikaten. Daher orientiert sich die Praxis an bestimmten IFRS-Accounting-Standards für die Bilanzierung von freiwilligen CO2-Zertifikaten, von denen einige in diesem Beitrag näher erläutert werden.

Bilanzierung von CO2-Zertifikaten

Unternehmen sollten beim Kauf von CO2-Zertifikaten zuerst unterscheiden zwischen CO2-Zertifikaten, die zum Handel gehalten werden, und CO2-Zertifikaten für den Eigenbedarf. CO2-Zertifikate, die zum Handel gehalten werden, werden nach IAS 2 Vorräte ggf. unter Anwendung der sogenannten «Broker-Trader»-Regelung (IAS 2.5) bilanziert. CO2-Zertifikate, die zur Nutzung gehalten werden, werden entweder als Vorratsvermögen gemäss IAS 2 (Verkauf im normalen Geschäftsbetrieb oder Einsatz in der Produktion) oder als immaterielle Vermögenswerte gemäss IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte (Vorliegen eines übertragbaren Rechts oder Ausgleich einer Verpflichtung zum Ausgleich von CO2-Emissionen) bilanziert.

CO2-Zertifikate, die als Vorratsvermögen gemäss IAS 2 bilanziert werden, sind zum niedrigeren Wert aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Nettoveräusserungswert zu bewerten. In der Praxis bedeutet dies, dass entgeltlich erworbene CO2-Zertifikate in Höhe der Anschaffungskosten angesetzt werden. Zudem sei hier anzumerken, dass die Unternehmen beim Verkauf von CO2-Zertifikaten, die nach IAS 2 bilanziert werden, beurteilen sollten, ob die Verkaufserlöse Umsätze nach IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden oder übrige Erträge darstellen. In der Kapitalflussrechnung werden Käufe und Verkäufe von CO2-Zertifikaten, die nach IAS 2 bilanziert werden, als Teil der betrieblichen Aktivitäten ausgewiesen.

Wenn CO2-Zertifikate hingegen als immaterieller Vermögenswert gemäss IAS 38 qualifizieren, werden sie zu Anschaffungskosten und anschliessend zu Anschaffungskosten abzüglich kumulierter Abschreibungen und Wertminderungen (sofern vorhanden) bilanziert. Es sei denn, die Zertifikate werden in einem aktiven Markt gehandelt; in diesem Fall kann auch das Neubewertungsmodell angewendet werden. Wie bei den meisten Vermögenswerten in der Bilanz sind Unternehmen verpflichtet, auch bei aktivierten CO2-Zertifikaten regelmässig zu überprüfen, ob Anzeichen für eine Wertminderung vorliegen. Wichtige Indikatoren könnten signifikante negative Veränderungen auf dem Markt oder in den wirtschaftlichen Bedingungen, technologische Obsoleszenz oder eine Erhöhung der Kosten umfassen, die die erwartete wirtschaftliche Leistung negativ beeinflussen könnten. Solche Faktoren könnten sich aus Veränderungen der Kundenpräferenzen bezüglich Nachhaltigkeit, erhöhten Wartungskosten der zugrundeliegenden CO2-Projekte (z.B. CO2-Speicherungsmechanismen) aufgrund extremer Wetterereignisse oder auch aus Änderungen der Marktzinssätze ergeben, die im Diskontsatz bei der Werthaltigkeitstest-Bewertung Einfluss finden. Eine angemessene Offenlegung, wie Vermögenswerte auf Wertminderung getestet wurden, einschliesslich Ermessensentscheidungen und Quellen von Schätzungsunsicherheiten, ist entscheidend für die Transparenz und das Verständnis der finanziellen Auswirkungen von CO2-Zertifikaten. Bei einem möglichen Verkauf hat IAS 38 eigene Veräusserungsanforderungen, die die Buchung eines Nettogewinns oder -verlusts zum Zeitpunkt der Veräusserung erfordern.

Durch naturbasierte Projekte generierte CO2-Zertifikate

Zusätzliche Überlegungen gelten für CO2-Zertifikate, die durch naturbasierte Projekte generiert werden. Beispielsweise kann das Pflanzen von Wäldern gemäss IAS 41 Landwirtschaft als biologischer Vermögenswert klassifiziert werden. Hier müssen Unternehmen möglicherweise die Anwendbarkeit des Standards auf Vermögenswerte, die zur Erzeugung von CO2-Kompensationen gehalten werden, berücksichtigen. Die Bewertung dieser Vermögenswerte könnte die Berücksichtigung des Wachstumszyklus und der erwarteten Kohlenstoffspeicherungsnutzungen sowie die Frage, ob sie Eigenschaften von Trägerpflanzen (Bearer Plants) darstellen, umfassen. Beispielsweise werden Trägerpflanzen, die mit landwirtschaftlichen Aktivitäten verbunden sind, sowohl bei der erstmaligen Erfassung sowie auch anschliessend zum beizulegenden Zeitwert abzüglich der geschätzten Verkaufskosten gemäss IAS 41 bewertet.

Abnahmevereinbarungen (Offtake Agreements)

Vereinbarungen, zu einem künftigen Zeitpunkt eine bestimmte Anzahl von CO2-Zertifikaten zu einem bestimmten Preis abzunehmen, stellen sogenannte «offtake agreements» dar. Falls diese Vereinbarungen für den Eigenbedarf, beispielsweise zur Kompensation von CO2-Emissionen, eingegangen werden, werden die Investitionen in diese Abnahmevereinbarungen typischerweise als nicht-finanzielle schwebende Verträge (non-financial executory contracts) bilanziert. Diese Bilanzierung erfolgt gemäss den Kriterien von IAS 32.8 und IFRS 9.2.4, wonach solche Vereinbarungen nicht auf Nettobasis in bar oder durch den Austausch von Finanzinstrumenten beglichen werden dürfen. Diese Bilanzierung entspricht der «Own Use Exemption» und stellt sicher, dass die künftige Lieferung von CO2-Zertifikaten und die dazugehörigen Zahlungen im Jahresabschluss reflektiert sind, anstatt sie als Finanzinstrumente zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten.

Fazit und Ausblick

Da sich die Bilanzierung von CO2-Zertifikaten weiterentwickelt, sollten Unternehmen versuchen, über Änderungen in den Rechnungslegungsstandards und -praktiken stets informiert zu bleiben. Fragen zur Art der Zertifikate und zu den spezifischen Merkmalen von CO2-Zertifikatsprojekten sowie die Unterscheidung zwischen Compliance- und freiwilligen Märkten spielen eine Rolle bei der Bestimmung der richtigen Bilanzierung. Unternehmen müssen diese Merkmale sorgfältig bewerten und transparent offenlegen, um die finanziellen Auswirkungen von CO2-Zertifikaten genau widerzuspiegeln.

Weil bis heute noch keine spezifischen IFRS-Vorgaben zur Bilanzierung von CO2-Zertifikaten existieren, müssen Unternehmen sich mit der Anwendung bestehender IFRS-Standards auf die entsprechenden Sachverhalte begnügen, wie sie teilweise auch in diesem Beitrag erläutert sind. Dennoch gelten natürlich auch heute allgemeine IFRS-Grundsätze, wonach z.B. bei ähnlichen Programmen eine gewählte Bilanzierungsmethode über die Zeit hinweg konsistent anzuwenden ist und nur geändert werden sollte, wenn dadurch verlässlichere und relevantere Informationen bereitgestellt werden.